Rechtsextreme Fans bei den EM-Gastgebern

Warschau (dpa) - Die Aufkleber und Schals mit Hassparolen hingen neben dem offiziellen Fanshop des polnischen Fußball-Erstligisten Widzew Lodz. „Wir hassen alle“ und „Keine Gnade für die Gäste“ war auf T-Shirts zu lesen.

Auch antisemitische Aufkleber wurden wenige Meter vom Stadion entfernt zum Verkauf angeboten. „Juden ist der Zutritt verboten“ hieß es dort beispielsweise. Nachdem empörte Leser die Zeitung „Gazeta Wyborcza“ auf das Geschäft aufmerksam gemacht hatten, ermittelt mittlerweile die Lodzer Staatsanwaltschaft gegen den Inhaber des Geschäftes und seine Mitarbeiter.

Die Aufrufe zu ethnischem oder religiösem Hass ist ebenso wie die Leugnung des Holocaust in Polen verboten. Und doch ist das Problem vor der Europameisterschaft allgegenwärtig in Polen. Eine rechtsextreme Szene, die auch Teile der gewalttätigen Hooligans einschließt, macht immer wieder auf sich aufmerksam. Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Friedhöfen gehören ebenso dazu wie die Sprechchöre „Juden ins Gas“, die den Fans gegnerischer Clubs mitunter entgegenschallen - nicht nur in Lodz.

Die antifaschistische Organisation Nigdy wiecej (Nie wieder), die eine Liste rechtsextremer Vorfälle in den Stadien führt, verzeichnete zwischen September 2009 und März 2011 insgesamt rechtsextreme 133 Vorfälle in den polnischen Stadien. Es ist, so betonen die Mitarbeiter von Nigdy Wiecej in ihrer Statistik, nur die Spitze des Eisbergs. Zur Vorbereitung der EM wird die Organisation Antirassismus-Seminare organisieren, die Fans für das Problem sensibilisieren sollen.

Als problematisch gilt auch die Situation im Co-Gastgeber-Land Ukraine, wo Nigdy Wiecej ebenfalls aktiv ist. Hier wurden in den vergangenen zwei Jahren knapp 80 Vorfälle in den Stadien erfasst. Wie fließend die Übergänge zwischen rechtsextremen Parteien und Fans sind, wurde im September 2010 in Kiew deutlich. Rund 5000 Ultra-Fans forderten gemeinsam mit Swoboda-Neonazis ein Verbot ausländischer Fußballspieler in der ukrainischen Liga.

Vor allem im englischen Fußballverband wurden in den vergangenen Tagen Sorgen laut, dunkelhäutige Spieler und Fans könnten bei den Spielen in dem osteuropäischem Land Opfer rassistischer Angriffe und Beschimpfungen werden.

Doch es sind nicht nur die jungen Männer mit den kahlgeschorenen Schädeln und den schweren Springerstiefeln, die Hass auf Minderheiten schüren. Einer Studie der Friedrich Ebert-Stiftung zufolge sind Antisemitismus und Intoleranz in Polen und anderen mitteleuropäischen Staaten erschreckend weit verbreitet, bis in die Mitte der Gesellschaft hinein.

Nach der im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie war fast jeder zweite Befragte der Meinung, dass Juden in Polen zu viel Einfluss haben. Mehr als 70 Prozent der befragten Polen waren der Meinung, die eigene Kultur müsse vor dem Einfluss fremder Kulturen geschützt werden und fast 42 Prozent glaubten an eine „natürliche Hierarchie“ zwischen Menschen verschiedener Ethnien.