Ronaldos umjubelte Rückkehr als Europameister

Saint-Denis (dpa) - Auch den nächsten großen Auftritt mit der herbeigesehnten Trophäe ließ sich Cristiano Ronaldo nicht nehmen. Als erster von Portugals EM-Helden stieg der verletzte, aber glückselige Superstar neben Trainer Fernando Santos in Lissabon aus dem Flieger und präsentierte den Pokal.

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Anschließend genossen Ronaldo & Co. in offenen, rot-grünen Bussen mit der Aufschrift „Campeões“ den Jubel Zehntausender Fans und wurden im Belém-Palast von Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa gewürdigt. „Die Selecção hat ein Beispiel dafür gegeben, dass man mit Mut, Entschlossenheit, Kampfeswillen, Bescheidenheit und Teamgeist zum Erfolg finden kann“, sagte der Staatschef.

Wie viel dieser erste Titel Portugals dem Kapitän nach seinem Tränen-Drama im Finale bedeutet, zeigt auch ein Foto, auf dem er den Cup an Bord der Maschine aus Frankreich wie ein Baby im Arm hält und dies mit nur zwei Worten kommentiert: „Te amo“ („Ich liebe dich“).

Nach seinem Abend der Extreme beim 1:0 über Frankreich nach Verlängerung führte Ronaldo bereits die Polonaise zur portugiesischen Titel-Party an. Tanzend verschwanden er und seine Teamkollegen kurz vor halb drei in die Pariser Nacht und schmetterten am Ziel der Träume angekommen beim Abgang aus dem Stade de France noch ein Lied in Richtung ihrer Kritiker: „Es ist egal, ob wir gut oder schlecht spielen - wichtig ist, dass wir den Pokal nach Portugal bringen.“

Selbst zwei Stunden nachdem er den EM-Pokal mit einem befreienden Schrei in den Himmel stemmte, glitzerten Ronaldos Augen immer noch voller Freudentränen. „Das ist einer der schönsten Momente meiner Karriere“, schwärmte der 31-Jährige. „Das ist ein einzigartiger Tag.“

Einzigartig - auch weil Ronaldo das portugiesische Sieger-Team mit den starken Neu-Bundesligaprofis Renato Sanches und Raphaël Guerreiro nach seinem Verletzungs-Drama als ruheloser Anpeitscher von der Seitenlinie zum Premierentitel trieb. „Wir sind die Könige von Europa sogar ohne den König der Welt“, titelte „A Bola“ (Montag). „Der portugiesische Fußball erklimmt in Paris den Gipfel seiner Geschichte“, bilanzierte „Público“ ein Finale voller „Leiden, Opfern und Tränen“.

Mit einer Manschette um das nach einem harten Einsteigen von Dimitri Payet lädierte linke Knie empfahl sich der designierte Weltfußballer 2016 zudem für den Titel des Trainer des Jahres. Die personifizierte Ich-AG des Weltfußballs vollendete seinen größten Triumph als Teamplayer.

„Fantastisch“ sei die Halbzeit-Ansprache Ronaldos gewesen, berichtete Rechtsverteidiger Cedric. „Er hat immer daran geglaubt, dass heute die Nacht der Nächte, unsere Nacht war“, lobte Trainer Fernando Santos den Optimismus seines Kapitäns, der nach 25 Minuten endgültig weinend auf einer Trage vom Platz musste. Und der am Ende überragende Abwehrchef Pepe berichtete strahlend: „Wir haben uns geschworen, für ihn zu gewinnen, und wir haben für ihn gewonnen.“

Den funkelnden Silberpokal wollte Ronaldo, der Medienberichten zufolge mit einer Innenbanddehnung wenige Wochen ausfällt, gar nicht mehr hergeben. Immer wieder küsste er die Trophäe und posierte für die Fotografen, balancierte den Pokal sogar kurz auf seinem Kopf. Natürlich präsentierte Ronaldo wieder einmal als erster seinen muskulösen Oberkörper ohne Trikot. Ansonsten freute er sich aber unverstellt wie ein kleines Kind, rüttelte seinen Trainer Fernando Santos wild durch, warf strahlend Handküsse ins Publikum und schüttelte immer wieder fassungslos den Kopf.

Dass er durch seine Verletzung nicht mehr mit einem zehnten EM-Treffer die alleinige Führung in der ewigen Torschützenliste vor Michel Platini übernehmen konnte, schmälerte die Freude da nicht. „Es waren viele Jahre voller Opfer, niemand hat an uns geglaubt“, sagte Ronaldo genervt von den Vorwürfen der Nörgler des portugiesischen Minimalistenstils.

In der Stunde des größten Triumphs erinnerte der Erfolgsgetriebene an den Moment der bittersten Schmach - das verlorene Endspiel gegen Griechenland bei der Heim-EM vor zwölf Jahren. „Ich habe darauf so lange gewartet, seit 2004. Ich habe Gott um eine weitere Chance gebeten, weil ich glaube, dass die Portugiesen das verdienen.“

Zehntausende Menschen feierten im von Krisen gebeutelten Portugal auf den Straßen - „episch“, titelte „Record“. Und auch Coach Santos hofft darauf, dass die Selecção nun nach spanischem Vorbild eine Ära einleitet. „Wenn wir weiter so bescheiden auftreten, können wir große Dinge erreichen“, sagte der 61-Jährige.

Passend zur Herz-Schmerz-Story prophezeite Ronaldo ausgerechnet dem Siegtorschützen Eder, dass er zum entscheidenden Mann für Portugal aufsteigen werde. „Er hat mir die Stärke und diese Energie gegeben - das war unerlässlich“, berichtete der in Guinea-Bissau geborene Stürmer.

Ausgerechnet Ederzito Antonio Macedo Lopes, der in England verschmäht und bei der WM 2014 gescholten wurde. Der zuvor gerade einmal drei Tore für Portugal erzielt hatte, davon keines in einem Pflichtspiel. „Eder hat zu mir bei der Einwechslung gesagt: Trainer, ich werde treffen“, berichtete Coach Santos. „Und das hässliche Entlein ist reingekommen und hat getroffen. Jetzt ist er ein wunderschöner Schwan.“