Vitali Klitschko: EM „großer Erfolg“
Kiew (dpa) - Schwergewichts-Boxweltmeister Vitali Klitschko (40) wertet die Fußball-EM in seiner Heimat als Gewinn für die Ukraine. Als ukrainischer Oppositionspolitiker sehe er zwar auch die Schattenseiten des Turniers in der Ex-Sowjetrepublik, aber die EURO gehe ihm zu Herzen.
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Es ist ein großes Fest, bei dem Menschen zueinanderfinden. Bis jetzt ist die EM ein großer Erfolg“, sagte der Wahl-Hamburger in Kiew. Sportlich sei das Turnier für sein Land sehr positiv. „Die Stadien, die Infrastruktur und die Meinung der ausländischen Gäste über die Ukraine bleiben“, erklärte Klitschko. Die EM löse aber nicht die politischen Probleme des zweitgrößten Flächenstaates Europas. „Das bleibt eine riesige Aufgabe für die ukrainischen Politiker und das Volk. Dafür müssen wir kämpfen. Ohne Kampf kein Sieg“, sagte der Chef der Partei Udar (Schlag). Er sehe die Ukraine „langsam auf dem Weg in eine Diktatur“.
Vor allem der international umstrittene Fall der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko werfe einen Schatten auf die EM. „60 Prozent der Menschen sagen, dass sich die Ukraine in die falsche Richtung entwickelt, bei mehr als 40 Prozent gibt es eine Proteststimmung. Die Korruption frisst das Land auf.“ Er sei aber strikt gegen einen von westlichen Politikern erwogenen Boykott der EM-Spiele in der Ukraine, betonte Klitschko.
Der 40-Jährige fühlt sich von Deutschland zwar „adoptiert“, will sich aber als Politiker in seiner Heimat Ukraine noch stärker in die Oppositionsarbeit einschalten. „Mein Bruder Wladimir und ich sind froh und dankbar, dass wir in Deutschland nicht als Fremde gelten. Aber meine Wurzeln, meine Verwandten und viele Freunde sind in der Ukraine“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
„Deutschland hat meinen Bruder und mich quasi adoptiert“, sagte der als Sohn eines ukrainischen Offiziers in Kirgistan geborene Sportler. Statt „in Hamburg sein Leben zu genießen“, wolle er aber in Kiew für eine weitere Demokratisierung kämpfen. „Das ist keine Frage. Ich bin Ukrainer.“ Eine Beteiligung an der nächsten Bürgermeisterwahl in der ukrainischen Hauptstadt schloss Vitali Klitschko nicht aus.
Zunächst aber will er am Dienstag in Donezk im entscheidenden Vorrundenspiel der Ukrainer gegen England dem Team von Oleg Blochin im Stadion die Daumen drücken. Die Leistung der ukrainischen Co-Gastgeber sei erfreulich, sagte Klitschko. „Die Leistung von Andrej Schewtschenko gegen Schweden hat mich begeistert. Das Spiel gegen Frankreich hätte besser sein können. Aber die Qualifikation fürs Viertelfinale ist weiter möglich.“