#BVBLFC Europa League: Dortmund feiert Jürgen Klopps Rückkehr

Klopp ist das unangenehm, er steht schließlich in Liverpool unter Vertrag.

Foto: Bernd Thissen/dpa

Dortmund. Hier ein Zwinkern, dort ein kleines Lächeln, aber auch ganz viel Augenrollen ob des übertriebenen Hypes um seine Person: Als Jürgen Klopp das erste Mal seit seiner Amtsübernahme beim FC Liverpool im Oktober 2015 Mittwoch in die heiligen Hallen von Borussia Dortmund zurückgekehrt ist, schwankte er zwischen großer Vorfreude auf das Europa League-Viertelfinale morgen Abend (21.05 Uhr/Sport 1) und einigem Entsetzen. Entsetzen darüber, dass sich tatsächlich auch am Tag vor dem Spiel wirklich alles um ihn als die Dortmunder Galionsfigur von einst dreht.

Klopp nämlich hat ein Problem: Er steht eben nicht mehr in Dortmund, sondern in Liverpool unter Vertrag. Und soll nun gewinnen gegen die alte Liebe. Was den zahlreich anwesenden Journalisten allerdings weit mehr Probleme zu bereiten scheint als Klopp selbst. Der kam 20 Minuten früher als gedacht im BVB-Stadion an, „weil die B1 nicht zu war“, nutzte die Zeit um „sich 20 Minuten wunderbar mit alten Bekannten zu unterhalten“ und schlussfolgerte dann: „Jetzt könnten wir rein theoretisch über Fußball sprechen.

Dabei wollen alle irgendwo zischen dem historischen Europacup-Endspiel von 1966, das Dortmund 2:1 nach Verlängerung mit einem Libuda-Tor gegen Liverpool gewann, und dem aktuellen Vergleich, der Dortmunds ohnehin schon reichlich in Anspruch genommene Emotionalität auf ein neues Höchstmaß zu treiben scheint, eher warme Gefühlsduselei denn taktische Kälte vernehmen. Klopp ist das dann irgendwann zu viel geworden, schon vor einigen Tagen schließlich hatte er eine ganze Horde von deutschen Journalisten in Liverpool zum Gespräch gebeten. Genug geflirtet, jetzt geht er eher auf Distanz. Erst, als Mittwoch eine Frau vom Fernsehen einen Präsentkorb überreichen will mit Kulinarischem aus des Trainers einstiger Nachbarschaft, lächelt der Mann wieder. Ob er den Korb annehmen will? Klopp sagt: „Kommt darauf an, was drin ist, um ehrlich zu sein.“

Dieses Viertelfinale der Europa League zwischen zwei Teams, die eigentlich die Champions League für ihre natürliche Heimat halten, lebt von dieser Geschichte des heimgekehrten Sohnes. Und es lebt gut davon. Umso mehr sind die Beteiligten darum bemüht, den sportlichen Wert in den Vordergrund zu stellen. Auch und vor allem Klopp, der Dortmund für eine große Mannschaft hält. Er hat sie ja einst genau dorthin gebracht, denkt man. Liverpool müsse es deshalb hinbekommen, „dass man ausgerechnet morgen nicht sieht, wie gut Dortmund wirklich ist“. Man kennt diese Formulierungen, und noch immer fühlt es sich etwas komisch an, wenn Klopp über Dortmund spricht, ohne Dortmunder zu sein. Dem Vorteil, die BVB-Mannschaft vorzüglich zu kennen, kann der 48-Jährige nichts abgewinnen. Er werde seinen Spielern keine Bücher zusammenstellen über Gegenspieler, die eher links ihre Gegenspieler passierten. „Könnte aber auch sein, dass er rechts vorbeigeht, und wenn das nicht passiert, spielt er dir den Ball vielleicht durch die Beine“ - im Presseraum hinter der Nordtribüne wird lauthals gelacht. Manche Dinge ändern sich nicht.

Einige Stunden zuvor stand Dortmunds Trainer Thomas Tuchel Rede und Antwort. Klopp gegen Tuchel, das hat es schon oft gegeben. Tuchel macht sich über die emotionale Rückkehr ein bisschen lustig, die habe er schließlich schon oft mit Klopp in Mainz erlebt. „Für uns ist das Routine“, sagt Tuchel, der von zehn Spielen gegen Klopp sieben verloren hat. Statistik.

„Wir wollen den Klopp-Hype mit einer guten Leistung vergessen lassen“, hat BVB-Spieler Gonzalo Castro gesagt. Er selbst hat nie unter Klopp gespielt, vielleicht ist er auch deswegen für solche Nüchternheit zuständig. Emotional können andere besser. Schon auf dem Weg vom Flughafen ins Stadion bekam Klopp auf einem Spruchband an einer Autobahnbrücke zu lesen: „Lieber Jürgen Klopp, zuhause auf'm Platz sind Auswärtsniederlagen am besten zu ertragen.“

Die Stadt bebt, drei Tage später steigt auch noch das Revierderby auf Schalke. Aki Watzke, Klopp-Freund und Dortmunds Geschäftsführer, fürchtete vor Tagen in den Medien, Klopp versuche „uns einzulullen und die Fans auf seine Seite zu kriegen“. Er sprach von Wettkampfmodus und wollte den „Umarmungsmodus“ ausschließen. Klopp hält das gelinde gesagt für Blödsinn, auch wenn er das so nicht sagt. Ob er denn jubeln würde, wenn Liverpool ein Tor schösse, wurde er noch gefragt. Und Klopp sagte: „Ich habe noch nie in meinem Leben über meinen Jubel nachgedacht.“ Aber er würde ganz sicher jubeln, wenn Liverpool ein Tor gegen Dortmund erzielte. Wie unromantisch beruhigend.