1. FC Köln vs. Bate Barrysau Befreiungsschlag in der Europa League - Köln und die Psychologie des Fußballs

In einem unterhaltsamen Spiel gewinnt der FC in der Europa League 5:2 gegen Bate Barrysau.

Die Kölner Spieler jubeln nach dem Treffer zum 4:2.

Foto: Marius Becker

Köln. Fußball ist Psychologie. Ein Lehrstück, das sich an dieser These ausrichtet, haben gestern Abend die 45200 Zuschauer in Köln-Müngersdorf erlebt. Gegen die weißrussiche Mannschaft von Bate Baryssau gewann der FC mit 5:2 (1:2) und erhielt sich damit die Chance, in der Europa League über den Winter hinaus im Geschäft zu bleiben. Wie tief die Kölner Krise in den Kölner Köpfen steckt, ließ sich ablesen, als sich eine glanzvolle erste halbe Stunde mit dem Führungstreffer von Simon Zoller innerhalb von zwei Minuten in einen 1:2-Rückstand verwandelte.

Gegentore wie in der Jugendmannschaft, konsternierte Kölner, ein kopfschüttelnder Trainer Peter Stöger, frustrierte Fans, die sich gerade noch in den Armen gelegen hatten. Der FC am Nullpunkt? Nein, auch das gehört wohl zur Psychologie des Fußballs: Der FC kämpfte sich nach der Pause beeindruckend aus dem so aufwendig selbst geschaffenen Elend: mit Traumtoren - und drei, vier Traumparaden von Torwart Timo Horn. Schon am Sonntag steht auf dem Prüfstand, wie dieses zweite Erfolgserlebnis nach dem Pokalsieg in Berlin vor einer Woche wirkt: dann kommt die TSG Hoffenheim zum Liga-Schlusslicht (15.30 Uhr). Stöger hatte diese Chance auf emotionale Stärkung seines Kaders in der Europa League nutzen wollen, bot die beste Elf auf und verzichtete auf Experimente.

Nach Steilpass von Salih Özcan bewies Zoller zunächst Abschlussqualität (16.). Danach reichten ein simpler Freistoßtrick mit einem Flachpass auf den Elfmeterpunkt zum serbischen Torschütze Nemanja Milunovic (31.) und ein sehenswerter Seitfallzieher von Nikolai Signevich (33.) zu zwei Gäste-Toren, die Kölns Nerven auf die Probe stellten. Ein Test, den der FC durchaus glanzvoll bestand: mit einem Tor des eingewechselten Yuya Osako nach toller Vorarbeit von Frederik Sörensen (54.). Und mit einem Gala-Freistoß von Stürmer Serouh Guirassy (63.) zum 3:2. Osako erhöhte auf 4:2 (82.), Milos Jojic dann gar noch auf 5:2 (90.).

Noch am Morgen hatte eine Kölner Zeitung aufgedeckt, dass Ex-Geschäftsführer Jörg Schmadtke rund 3,3 Millionen Euro Abfindung kassieren soll - obwohl es doch angeblich eine Vertragsauflösung in Einverständnis gegeben hatte. Das passt ins Bild eines Vereins, der eifrig nach Halt sucht und gewiss auch weiterhin Geld für Verstärkungen im Winter brauchen wird. Und schnell auch für einen neuen Mann auf der Kommando-Stelle, die Schmadtke vor zehn Tagen verlassen hat. Stöger allein im Fokus - das wird den Trainer auf Dauer überfordern. Selbst wenn er gestern mit den Seinen nachgewiesen hat, ein intaktes Gefüge anzuführen das nun weitere Erfolge dringend braucht. Große Unterhaltung bot der FC gestern allemal. Und den ersten Heimsieg dieser Saison. Karneval in Köln.