Großer Tag für Klopp - Can: Die Leute lieben den Trainer
Basel (dpa) - Jürgen Klopps rhetorische Fähigkeiten sind auf Englisch nicht halb so ausgeprägt wie auf Deutsch. Aber das macht nichts. Auch mit starkem Akzent und einem mitunter etwas wirren Satzbau kommt seine Botschaft an beim FC Liverpool.
„Die Leute lieben einfach den Trainer, weil er so ist, wie er ist“, sagte Fußball-Nationalspieler Emre Can vor dem Europa-League-Finale gegen den FC Sevilla (20.45 Uhr) in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Vom ersten Tag an sei der frühere Dortmunder Coach bei den Spielern gut angekommen. „Er ist einfach Jürgen Klopp, er verstellt sich nicht. Die Mannschaft hat ein Super-Verhältnis zu ihm.“
Auch andere Profis der „Reds“ loben Klopp öffentlich. „Es sind wirklich große Fortschritte gewesen, seit der neue Trainer kam. Er hat den ganzen Club zusammengebracht, auch die Fans. Das war spürbar“, berichtete der zuletzt verletzte Kapitän Jordan Henderson vor dem Abschlusstraining im St. Jakob-Park von Basel. „Jeder Spieler hat sein Spiel verbessert. Wir sind jetzt in einem europäischen Finale auf einer großen Bühne.“
Dass das Endspiel gegen den Titelverteidiger und Rekordsieger für die Briten die letzte Chance auf Europapokalnächte in der kommenden Saison ist, schadet Klopps großer Beliebtheit auf der Insel (noch) nicht. In der Premier League wurde Liverpool Achter - seit dem Wiederaufstieg 1962 gab es nie eine schlechtere Platzierung - und verpasste die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb. Einzig als Sieger der Europa League dürfte der Club 2016/2017 in der Champions League antreten.
Die Entwicklung unter dem Schwaben ist allerdings unverkennbar. Mit seiner Leidenschaft hat der 48-Jährige die noch zu Beginn seiner Amtszeit im Herbst etwas schläfrige Anfield Road wieder zu einem Standortvorteil gemacht. Die Fans fühlen sich gebraucht und folgen dem deutschen Coach. In Erinnerung bleiben sicher einige große Spiele, darunter vor einem Monat das schon jetzt legendäre 4:3 gegen seinen Ex-Club Borussia Dortmund. Aber ist die Saison auch ohne Trophäe - im Ligapokalfinale unterlag man Manchester City nach Elfmeterschießen - ein Erfolg? „Keiner würde es so nennen“, gibt Klopp zu.
Ein Sieg in Basel wäre daher nicht nur der gleichbedeutend mit dem ersten Titel für einen deutschen Trainer mit einer Mannschaft aus England, sondern insbesondere auch gut für etwas zusätzlichen Kredit. Denn die britischen Medien, dessen ist sich Klopp bewusst, können sehr schnell vom Freund zum Feind werden.
Nicht nur deshalb ist der Pokal selbst viel wichtiger als das Ticket zur Königsklasse. Das merkt man Kapitän Henderson ebenso an wie seinem kantigen Kollegen und Stellvertreter James Milner. „Es wird ein großer Fokus darauf gelegt in die Champions League zu kommen, aber es geht um die Trophäe“, betonte Milner. „Wenn man fünf oder sechs Jahre in der Champions League spielt, aber nichts gewinnt, dann steht auch nichts auf dem Regal.“