Kunstrasen-Premiere für 96-Team - Bangen um Diouf
Moskau (dpa) - Hannover 96 feiert im 25. Europa-League-Spiel eine ungewöhnliche Premiere. Erstmals bestreitet der Fußball-Bundesligaclub gegen den russischen Emporkömmling Anschi Machatschkala ein Pflichtspiel auf Kunstrasen.
Anschis Welt-Star Samuel Eto'o ist rechtzeitig wieder fit, bei 96-Torjäger Mame Diouf gibt es noch ein Fragezeichen. Aus Sicherheitsgründen findet das Hinspiel im 1/16-Finale am Donnerstag nicht in Machatschkala am Kaspischen Meer, sondern im rund 1600 Kilometer entfernten Luschniki-Stadion in Moskau statt.
„Anschi hat in den Heimspielen sechsmal zu Null gespielt. Das heißt für uns, auf jeden Fall ein Tor zu machen, um sie zu beeindrucken“, beurteilte 96-Trainer Mirko Slomka am Mittwoch in Moskau die Aussichten im Jubiläumsmatch. Top-Stürmer Mame Diouf, der mit seinen Toren das Team in der Bundesliga seit Wochen auf Kurs hält, fehlte wegen muskulärer Probleme beim letzten Training auf Kunstrasen in Hannover. „Es geht ihm besser, wir wollen dennoch kein Risiko eingehen“, sagte Slomka. „Wenn er das Okay-Zeichen gibt, wird er spielen.“
Für den 96-Coach ist Anschis Star-Ensemble allererste Sahne. „Auf dem Papier sind wir Außenseiter, aber wir haben in den letzten Jahren gezeigt, dass wir uns entwickelt haben“, sagte Ersatz-Kapitän Jan Schlaudraff. Er vertritt derzeit den verletzten Steven Cherundolo. Der in der Bundesliga noch gesperrte Sébastien Pocognoli soll auf der linken Seite verteidigen. „Die Spiele in der Europa League haben einen hohen Stellenwert. Mit Standard Lüttich habe ich jedes Jahr international gespielt“, betonte der belgische Winter-Einkauf.
Auch das Team des Anschi-Trainers Guus Hiddink besitzt reichlich internationale Erfahrung. Der Kameruner Eto'o, den zuletzt Rückenprobleme plagten, führt eine lange Liste von Großverdienern an. „Ich gehe davon aus, dass Samuel spielen kann“, sagte Hiddink. Zuletzt wurde der Brasilianer Willian für 35 Millionen Euro von Dortmunds Champions-League-Gegner Schachtjor Donezk geholt. Obwohl Willian für die Ukrainer bereits in der Königsklasse gespielt hat, darf der Offensivspieler gegen Hannover erstmals für seinen neuen Club auflaufen.
Geld spielt für Club-Eigentümer Suleiman Kerimow keine Rolle. Der Milliardär übernahm 2011 den Verein aus der Unruheprovinz Dagestan und setzt seither seinen Traum vom großen Fußball konsequent um. Brasiliens Ex-Star Roberto Carlos war der erste, der dem Ruf des Geldes in den wilden Osten folgte. Hiddink zählt zu den bestbezahlten Trainern der Welt. Er und seine Spieler leben und trainieren in Moskau, nur zu den Heimspielen in der russischen Liga fliegen Eto'o und Co. nach Machatschkala.
Dort werden die Anschi-Stars wie Helden verehrt. In der Europa-League läuft es andersherum. Die UEFA hat Heimspiele im Nordkaukasus untersagt, die Anschi-Anhänger müssen deshalb in die russische Hauptstadt reisen. Kerimow lässt Hunderte Fans einfliegen. „Gehaltsmäßig ist Anschi eine andere Welt als wir. Wenn mir das jemand ermöglichen kann, soll er sich melden. Ich hätte nichts dagegen, 12, 13 oder 14 Millionen zu verdienen“, scherzte 96-Kapitän Schlaudraff über die ungleiche Finanzausstattung.
Dennoch rechnen sich die 96-Profis sportlich etwas aus. Das Team ist in der Europa League noch unbesiegt und schon seit vier Wochen im Punktspielrhythmus. „Das ist ein kleiner Vorteil für uns“, sagte Schlaudraff. Anschi bereitete sich im spanischen Marbella auf das erste Pflichtspiel 2013 vor. Der Kunstrasen muss kein Nachteil sein. 2009 gewann die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation im Luschniki-Stadion mit 1:0 gegen Gastgeber Russland.