Portugal bebt: Fußball-Fest in Europas Armenhaus
Lissabon (dpa) - Fußball-Fest in Europas „Armenhaus“. Das vom Bankrott bedrohte Portugal steht mit drei Teams im Halbfinale der Europa League. Zehntausende Fans von Benfica Lissabon, FC Porto und Sporting Braga feierten bis in die Morgenstunden des Freitags und vergaßen kurz die Finanz-Malaise.
„Die Krise wohnt nicht hier“, titelte auf Seite eins die Sportzeitung „Record“. Als Europa-League-Champion steht ein Team der iberischen Halbinsel fest, da der vierte Halbfinalist der spanische Leverkusen-Bezwinger FC Villarreal ist.
Im Halbfinale (28. April und 4. Mai) kommt es zum Portugal-Duell Braga-Benfica, so dass die „Lusos“ die 15. Europa-Finalteilnahme in der Tasche haben. Porto empfängt unterdessen zunächst Villarreal.
Vor Portugal hatten nur die vier „Granden“ Deutschland, England, Spanien und Italien drei Teams im Halbfinale eines europäischen Wettbewerbs platzieren können. Unerreicht bleibt aber die Großtat der Bundesliga, die in der Saison 1979/80 mit dem FC Bayern, dem späteren Sieger Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach alle Semifinalisten des damaligen UEFA-Cups stellte.
Das ist aber lange her, und jetzt fühlen sich die Portugiesen als die Größten. Das kleine Zehn-Millionen-Einwohner-Land bebte, und FPF-Verbandsboss Gilberto Madail geriet ins Schwärmen: „Das ist historisch, ein Traum! Wenn andere Bereiche so erfolgreich wären wie unser Fußball, hätten wir ein wohlhabenderes Land“, sagte er. „Viva Portugal!“ und „Portugiesischer Stolz“ war in den Zeitungen zu lesen.
Favorit auf den Cup ist der frischgekürte Meister FC Porto: Nach der 5:1-Gala im Hinspiel fegten die „Drachen“ Spartak Moskau auch im Rückspiel mit 5:2 vom Platz. Portos 33 Jahre alter Coach André Villas-Boas, der schon als „zweiter José Mourinho“ gefeiert wird, will nun den vierten Europa-Pokal für Porto holen. Die Blau-Weißen haben in den Vitrinen bereits die Trophäen der Champions League 1987 und 2004 sowie den UEFA Cup von 2003. „Wir wollen mehr“, sagte der Trainer.
Benfica Lissabon, das in der Zwischenrunde den VfB Stuttgart ausgeschaltet hatte, erreichte gegen PSV Eindhoven (2:2/Hinspiel: 4:1) erstmals seit 1992/93 wieder ein Europapokal-Halbfinale. Mehr zittern musste der Provinzclub Sporting Braga (0:0/Hinspiel: 1:1) gegen Dynamo Kiew. Villarreal war schon nach dem 5:1-Heimsieg gegen Twente Enschede praktisch durch. Doch die Spanier überzeugten auch beim 3:1-Erfolg in den Niederlanden mit effektivem Konterfußball.
Ob der siebte Europa-Pokal-Triumph des Landes herausspringt, steht nicht fest. Die Siegesserie hat aber schon Folgen: In der UEFA-Fünfjahreswertung sicherte sich Portugal mindestens den Sprung vom 9. auf den 6. Platz - und damit drei Champions-League-Plätze in der nächsten Saison. „Irre“, findet Porto-Coach Villas-Boas.