FIFA-Präsident Blatter um Deeskalation bemüht
Frankfurt/Main (dpa) - FIFA-Präsident Blatter findet das Ausmaß des jüngsten Wettskandals nicht so schlimm, will aber weiter mit aller Kraft gegen Spielmanipulation kämpfen.
Andere Fußball-Spitzenfunktionäre demonstrieren mit ihren Reaktionen allerdings die gefühlte Machtlosigkeit des Fußballs. Nur ein sehr geringer Teil der Spiele weltweit sei manipuliert, sagte der Boss des Weltverbandes FIFA in Botswana und erklärte, dass angesichts von mehr als einer Million Fußballspiele pro Jahr rund 700 manipulierte Begegnungen nur einen Anteil von 0,04 Prozent ausmachten.
„Der Fußball ist so groß. Es geht nur um einen kleinen Prozentsatz. Der Fußball wird nicht sterben“, sagte Blatter. Gleichzeitig warnte er: „Es ist eine große Gefahr, wenn man ein Spiel manipulieren kann, weil es das Wesen des Spiels beeinflusst. Wir versuchen, diesen Teufel des Fußballs auszulöschen.“
FIFA-Sicherheitschef Ralf Mutschke wollte „das Problem nicht kleinreden“. Der Fußball sei nicht am Ende, sagte er. „Jedes einzelne manipulierte Spiel schadet. Aber wir werden es nicht ganz verhindern können.“ Blatter bat erneut Polizei und Regierungen um Mithilfe.
Auch für Christian Seifert, den Vorsitzenden der Geschäftsführung bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL), ist die Integrität des Wettbewerbs und damit die Glaubwürdigkeit des Fußballs extrem relevant für die Akzeptanz bei Fans und Geschäftspartnern. Welche Folgen es haben kann, wenn diese nicht mehr gegeben seien, sehe man beim Doping im Radsport: „Dort wird in 50 Jahren der Zweifel noch mitfahren“, sagte Seifert der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Die europäische Polizeibehörde Europol hatte vergangenen Montag bekanntgegeben, von 2008 bis 2011 allein in 15 Nationen Europas mehr als 380 Fußball-Spiele ermittelt zu haben, die unter Manipulationsverdacht stehen. „Das ist ein großes Thema für den Fußball und die Regierungen, das es zu lösen gilt“, hatte Blatter noch in einer ersten Reaktion getwittert.
Immer lauter wird der Ruf nach einem Sportbetrugs-Paragrafen, für den sich bereits zahlreiche Politiker und Ermittlungsexperten stark gemacht hatten. Entsprechende Gesetzesänderungen befürwortet auch Mutschke. „Denn Fußballer und Schiedsrichter, die ein Spiel manipuliert haben, werden lebenslänglich von uns gesperrt. Sie kriegen ein Berufsverbot. Aber die Kriminellen, die sie angestiftet haben, bleiben ungestraft“, sagte der 53-jährige Deutsche.
Die frühere Sportministerin Luxemburgs, Anne Brasseur, hatte im vergangenen Jahr im Europarat als Berichterstatterin einer Kommission gegen illegale Wetten und Spielabsprachen einen Report herausgegeben und Alarm geschlagen. Sie hält die bisherigen Schutzmaßnahmen für völlig unzureichend („Die Fundamente des Sports werden von kriminellen Organisationen kaputt geschlagen“) und forderte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Wir brauchen in den Ländern unabhängige Integritätsbehörden, die untereinander vernetzt sind und Verstöße im Sport aufgreifen.“ Der Europarat arbeitet derzeit an einer Konvention gegen Korruption, Manipulation und Betrug im Sport.
Für Seifert ist die Geldwäsche in Milliardenhöhe die eigentliche Herausforderung beim Thema Spielmanipulation. Wenn Politiker reflexartig fordern, das Problem müsse der Fußball lösen, dann sei dies an Naivität nicht zu übertreffen. „Wir sind keine Ermittlungsbehörde, und illegale Wettbüros in Asien neigen nicht dazu, sich Überwachungssysteme anschließen zu lassen“, erklärte der DFL-Boss.