#F95EBS Ewiger Reichel will noch mal Bundesliga-Luft schnuppern

Seit fast zehn Jahren spielt der Verteidiger für Eintracht Braunschweig. Den Aufstieg hat er nicht abgehakt.

Foto: dpa

VfB Stuttgart, Union Berlin, Hannover 96, Eintracht Braunschweig. Einer aus dem Spitzen-Quartett der 2. Liga wird den Bundesliga-Aufstieg definitiv nicht schaffen. Aktuell liegen die Braunschweiger auf dem undankbaren vierten Platz, der Rückstand zu Rang drei beträgt jedoch lediglich einen Punkt. Insofern verwunderte Trainer Torsten Lieberknecht am vergangenen Montag das Auditorium, als er nach dem 1:1 gegen Stuttgart sagte: „Wir haben gegen den Tabellenführer gespielt, der nächstes Jahr hier mit Sicherheit nicht mehr aufkreuzen wird.“

Unterschwellig ahnt der erfahrene Trainer vielleicht, dass seinem Team zum Sprung in die Bundesliga (noch) ein paar wichtige Dinge fehlen könnten. Oberflächlich belegen dies nackte Zahlen. Holte die Eintracht aus den ersten zehn Spielen satte 25 Punkte, konnte sie in den 13 Partien seitdem nur noch 16 weitere Zähler aufs Konto packen.

Wie ist dieser Abwärtstrend zu erklären? Knackpunkte dürften sicher der elfte und zwölfte Spieltag gewesen sein. Seinerzeit führten die Braunschweiger sowohl bei Dynamo Dresden als auch im prestigeträchtigen Derby gegen Hannover 96 jeweils mit 2:0, am Ende hieß es jedoch 2:3 und 2:2. Das hat offenbar am Selbstvertrauen genagt. Seither ist das Team defensiv deutlich anfälliger, während es offensiv zudem an Torgefahr eingebüßt hat. Die Eintracht konnte Stuttgart trotz rund 50-minütiger Überzahl nicht wirklich in Verlegenheit stürzen.

Hinzu kommen Verletzungssorgen und der völlige Form-Verlust von Leistungsträger Nik Omladic. Doch wer Eintracht Braunschweig jetzt schon abschreibt, der kann sich täuschen. „Andere Mannschaften werden auch noch ihre Negativ-Serie hinlegen“, sagte Abwehrspieler Marcel Correia und Linksverteidiger Ken Reichel, der gegen den VfB per Foulelfmeter das 1:1 erzielt hatte, meinte: „In der Hinrunde waren wir die Gejagten, jetzt sind wir eben die Jäger. Wir haben immer noch die wenigsten Niederlagen und nichts zu verlieren.“

Ken Reichel muss es wissen. Seit 2007 schon trägt der gebürtige Berliner das Trikot mit dem roten Löwen im Wappen. Gemeinsam mit Torsten Lieberknecht, der im Mai 2008 Trainer an der Hamburger Straße wurde, erlebte Reichel dabei mehr Höhen als Tiefen. Dem vermiedenen Sturz in die Viertklassigkeit 2008 folgte 2011 der Zweitliga-Aufstieg sowie 2013 nach 28-jähriger Abstinenz sogar die Bundesliga-Rückkehr. „Dieses Jahr Erstklassigkeit hat im Verein etwas geweckt. Alle wollen das ganz bestimmt erneut erleben“, sagte Reichel.

Und der 30-Jährige ist guter Dinge, bei diesem Erlebnis dabei sein zu können. Denn anders als andere Überraschungs-Aufsteiger hat die Eintracht ihre kurze Bundesliga-Zeit genutzt, um sich aufzustellen. „Mit den generierten Einnahmen wurde die Infrastruktur verbessert, das Nachwuchsleistungszentrum auf ein professionelles Niveau gehoben und der Kader gezielt weiter entwickelt“, erklärte Reichel und ergänzte: „Die Leistungsdichte bei uns ist jetzt höher. Das ist der stärkste Eintracht-Kader, in dem ich bisher gespielt habe.“

Bei jetzt 232 Spielen für die Blau-Gelben hat Reichel genügend Vergleichsmöglichkeiten. Dennoch ist dieser Kader momentan nur in der Verfolger-Rolle, weil Stuttgart und Hannover mit deutlich höheren Etats den Aufstieg erzwingen wollen. „Wir sind realistische Träumer“, sagte Torsten Lieberknecht daher. Soll heißen: Alles kann, nichts muss. Lieberknecht ist Langfristigkeit wichtiger. „Wir wollen uns unter den Top 25 in Deutschland etablieren.“ Ken Reichel aber möchte schon, dass der VfB auch nächste Saison in Braunschweig aufkreuzt.