Fortuna Düsseldorf Das sind die Pläne von Fortunas neuem Vorstandsvorsitzenden

Exklusiv | Düsseldorf · Fortunas neuer Vorstandsvorsitzender Thomas Röttgermann setzt auf Teamwork und die Begeisterung aller Fortunen. Er will den Verein als Einheit verstanden wissen.

Foto: Christof Wolff/CHRISTOF WOLFF

Erst einen Monat ist Fortunas neuer Vorstandsvorsitzender im Amt. Der 58-Jährige möchte zunächst genau hinhören und hinschauen, um den Traditionsverein richtig kennenzulernen. Aber Thomas Röttgermann hat auch genaue Vorstellungen, wie Fortuna noch besser aufzustellen ist. Wir sprachen mit ihm.

Herr Röttgermann, derzeit laufen die Gespräche über den neuen Stadionvertrag. Was wird sich verändern?

Thomas Röttgermann: Wir sind dabei, einen neuen Arena-Vertrag zu vereinbaren, der unseren Zugriff auf Rechte verändern wird. Dabei möchten wir das nach Kräften an uns ziehen, wo wir noch Verbesserungs- und Erlöspotenzial sehen. Da sind wir in einem gesunden und robusten Prozess, um am Ende eine Regelung zu finden, aus der alle Parteien einen Nutzen ziehen können, Fortuna, D.Live und die Stadt. Es wird öffentlich immer wieder behauptet, dass die Fronten verhärtet seien. Ich kann Ihnen sagen, dass das nicht stimmt.

Muss die Fortuna künftig mehr Stadionmiete bezahlen?

Röttgermann: Man kann das nicht mit anderen Stadien vergleichen. Die Fragen sind: Was übertrage ich mit dem Mietrecht? Geht es nur um 17 Spieltage? Wieviel Logen mietet man? Ist das Namensrecht dabei oder nicht? Wir werden am Ende eine Regelung finden, bei der wir einen marktgerechten Preis zahlen, der sowohl die Stadt als auch D.Live zufriedenstellen werden und wir unseren Spielbetrieb vernünftig betreiben können. Das werden keine Vereinbarungen jenseits des gültigen Rechts sein. Es gibt keine Wettbewerbsproblematik und alles wird zu Saisonbeginn abgeschlossen sein.

Wie haben Sie den Verein vorgefunden, wie nehmen Sie ihn wahr?

Röttgermann: Als sehr lebendig. Jeder beschäftigt sich intensiv mit dem Verein. Das gilt für die Fangruppen, die sich positionieren und Einfluss nehmen wollen. Auch die Sponsoren sind sehr engagiert. Die Zuschauer haben sich im Laufe der Saison immer mehr mit der Fortuna identifiziert. Die Stimmung im Verein ist gut. Wir arbeiten intensiv daran, dass es noch besser wird. Natürlich ist auch eine gewisse Anspannung spürbar, auch, weil es ein ordentliches Maß an Neugierde wegen möglicher Veränderungen gibt. Ich stelle fest, dass wir im Verein extrem gute Mitarbeiter haben. Wir versuchen, die Kräfte zu bündeln, was ein Erfolgsfaktor ist. Das, was die Mannschaft auf dem Platz gezeigt hat, wollen wir im ganzen Verein mit dem Teamgefühl umsetzen. Dann werden wir eine ganz unterschiedliche Form von Auftritt gegenüber den anderen Bundesliga-Vereinen haben.

Was die Vermarktung angeht, sollte es doch viel Potenzial geben. Wie wollen Sie das, anders als Ihre Vorgänger, nutzen?

Röttgermann: Ich weiß nicht, was vorher war. Ich erkenne nur, dass da eine große Begeisterung ist. Unser Augenmerk ist, das zu kanalisieren. Es ist schön, dass auch da die Sponsoren selbst aktiv werden.

Sind die von den Fans so kritisierten Halbzeitspiele ein Beispiel, wie es nicht mehr ablaufen soll?

Röttgermann: Ich will jetzt nicht auf einzelne Aktionen eingehen. Wir wollen auch im Dialog mit den Fans erkennen, was gewollt wird, ohne dass wir irgendetwas zur Genehmigung vorlegen. Da kann man erörtern, wie man etwas verändern kann, damit es allen nutzt. Denn der Sponsor braucht ja auch eine Akzeptanz, mit Unmut der Fans ist ihm nicht gedient.

Wir wollen etwas erreichen. Um das umzusetzen, benötigen wir Partner. Um Partner zu bekommen, müssen wir etwas liefern. Wir müssen diskutieren, wie weit wir mit Sponsoring, Logopräsenz, Durchsagen gehen wollen und welche Partner wir wollen.

Ist es Ihre Hauptaufgabe, in Düsseldorf das Potenzial zu nutzen?

Röttgermann: Ziel ist es, sportlich erfolgreich zu sein und gleichzeitig den Kern der Fortuna so zu lassen, wie er ist. Das Gleichgewicht hinzubekommen, ist das Ziel. Die strukturellen Nachteile werden durch die derzeitige Verteilung der TV-Gelder zunächst so bleiben. Wie werden weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben als 17 oder 16 andere Bundesligisten. Wir müssen versuchen unter schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen, drei, vier oder mehr Jahre in der Bundesliga zu bleiben.

Was ist passiert, dass Fortuna in dieser Saison so gut mithalten konnte?

Röttgermann: Eigentlich das Beste, was dem Fußball passieren konnte. Eine Mannschaft hat Erfolg, die nominell nicht die besten Spieler hat. Fortuna hat als einziger Verein gezeigt, dass es auch anders geht. Friedhelm Funkels Erfolg ist es, das in der Mannschaft auszulösen.

Schafft der Trainer das nächstes Jahr noch einmal?

Röttgermann: Davon bin ich überzeugt. Wir werden eine Mannschaft haben, die die gleichen Tugenden hat und auch spielerisch überzeugen kann. Der Trainer wird wieder dieses Kollektiv formen. Ob wir dann wieder in den Regionen der Tabelle landen wie diesmal, weiß niemand. Wir können superstolz auf den derzeitigen Erfolg sein, aber es ist keine Messlatte. Es reicht auch, nächstes Jahr 15. zu werden. Platz zehn wäre vielleicht möglich, aber es kann für uns angesichts der finanziellen Möglichkeiten im Vergleich zur Konkurrenz kein realistisches Ziel sein.

Wie wird die Mannschaft aussehen?

Röttgermann: Wir wollen möglichst die Mannschaft zusammenhalten. Wir wissen, was wir an diesen Spielern haben. Neue Spieler können funktionieren, müssen sie aber nicht. Wir wollen Benito Raman nicht verkaufen, weil wir wissen, was wir an ihm haben. Es gibt auch derzeit kein einziges Angebot für einen unserer Profis. Unser Wunsch ist, alle Spieler, die wir halten wollen, zu binden. Wenn wir Spieler überzeugen wollen, wird das nicht über das Gehaltspaket klappen, wir haben andere Möglichkeiten. Die Spieler werden registriert haben, dass sie bei Fortuna glänzen können, dass sie die Möglichkeit haben, Bundesliga zu spielen und nicht auf der Bank sitzen zu müssen. Sollte das nicht klappen, müssen wir wieder kluge Deals verwirklichen, wie in der Vergangenheit. Da setze ich ganz auf unseren Sportvorstand Lutz Pfannenstiel.

Und der Aufsichtsrat greift nicht mehr ins operative Geschäft ein?

Röttgermann: Das ist für mich kompletter Blödsinn. Eingreifen ins operative Geschäft heißt, dem Vorstand Entscheidungen aus der Hand zu nehmen. Das ist nicht ein einziges Mal passiert. Ich kenne nur den internen Austausch mit dem Aufsichtsrat um Dr. reinhold Ernst und Carsten Knobel sowie den anderen Gremiumsmitgliedern, und der ist sehr gut. Mit seinem Wissen und seiner Erfahrung bereichert der Aufsichtsrat die Arbeit des Vorstandes. Dabei ist die Aufgabenverteilung klar definiert. Ich bin extrem zufrieden mit der Situation.

Es gibt keinen Finanzvorstand, wird das geändert?

Röttgermann: Es ist kein Geheimnis, im Finanzbereich sind wir zu dünn aufgestellt. Nicht qualitativ, sondern quantitativ. Wir müssen dort bei immer größeren Anforderungen komplexere Systeme bedienen. Wir schauen uns an, wie wir das organisieren.

Gibt es eine Steigerung des sportlichen Etats?

Röttgermann: Wir können uns weiterhin keine großen Sprünge erlauben. Zahlen kann ich, bitte haben Sie dafür Verständnis, nicht nennen. Ich bestreite nicht, dass wir mehr für Spielergehälter und Transfers ausgeben können. Aber im Vergleich zu anderen Vereinen ist das nicht signifikant. Selbst Köln und Hamburg als Aufsteiger gehen mit einem Rutsch an uns vorbei. An Augsburg und Freiburg wollen wir uns orientieren, obwohl auch diese Klubs finanziell deutlich vor uns liegen. Wir müssen die Möglichkeiten nutzen, die uns die Rahmenbedingungen liefern – supercoole Stadt, Landeshauptstadt, reiche Stadt, gut bespielbares Stadion und Traditionsverein sowie Unternehmen vor Ort und in der Peripherie, die wir für den Fußball gewinnen können. Wir sind glücklich, dass Henkel sich positioniert hat. Das ist ein starkes Statement.

Wo ist Fortuna denn in einem Jahr?

Röttgermann: Da sitzen wir wieder hier und feiern, dass wir nicht abgestiegen sind. Denn ich bin überzeugt davon, dass wir sportlichen Erfolg haben, mehr Dauerkarten absetzen und den Zuschauerschnitt steigern werden.

Fortunas Fans beschweren sich fast sogar, dass sie gar nicht mehr richtig leiden können mit ihrer Diva vom Rhein?

Röttgermann: Das war früher wirklich, leiden pur’. Aber es ist doch schöner, Erfolg zu haben und in der ersten Liga zu sein, als in der 2. Liga zu spielen.

Was hat Ihnen von Anfang an bei Fortuna gar nicht gefallen?

Röttgermann: Eigentlich nichts, bis auf ein paar infrastrukturelle Dinge, wie das Trainingsquartier der Mannschaft, obwohl es liebevoll hergerichtet wurde. Aber es liefert nicht das professionelle Umfeld, das ein Bundesliga-Team benötigt.

Werden Sie versuchen, falls Friedhelm Funkel den Klassenerhalt auch im nächsten Jahr schafft, mit ihm zu verlängern? Oder wird er dann zu mächtig?

Röttgermann: Wir sind ja beide Neusser, wir werden ihn schon davon überzeugen, weiterzumachen. Es ergibt keinen Sinn, diese Konstellation auseinanderzureißen und nicht im Winter über eine Vertragsverlängerung zu sprechen. Mit dem Begriff mächtig kann ich übrigens nichts anfangen. Dass Friedhelm Funkel als Cheftrainer mitbestimmt, welche Spieler geholt werden, ist doch klar. Er hat nie für sich beansprucht, die Vereinspolitik zu bestimmen. Der Verlauf der Saison hat gezeigt, dass es keinen Grund gibt, nicht mit Friedhelm Funkel zu verlängern.

Wird die Abfindung für ihren Vorgänger Robert Schäfer zu einem Problem?

Röttgermann: Ich habe da vollstes Vertrauen zum Aufsichtsrat, dass eine vernünftige Lösung gefunden wird. Es ist notwendig und richtig, zu hinterfragen, was passiert ist. Und dann sollte auch ein Schlussstrich gezogen werden.

Eine persönliche Frage noch zum Abschluss?

Wie sportlich ist der Vereinsboss der Fortuna selbst?

Röttgermann: Ich schaue Fußball gerne im Fernsehen, obwohl ich das für die Familie stark einschränke. Ich war Volleyballer, und jetzt versuche ich zu begreifen, wie Golf funktioniert. Und ich jogge. Wobei ich mich dazu zwingen muss. Sport ist für mich Wettkampf. Ich muss jemanden haben, den ich besiegen kann. Mich selbst zu bezwingen, reicht mir nicht.