„Doppelsechs“: Goeßling/Leupolz nicht einziges Traumduo
Montreal (dpa) - Ein Quartett für die „Doppelsechs“ - was für Rechenkünstler befremdlich klingt, ist für die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft der Schlüssel zum Erfolg.
Vier nahezu gleichwertige Spielerinnen mit unterschiedlichen Stärken und wenigen Schwächen hat Silvia Neid bei der WM in Kanada für die beiden Positionen im defensiven Mittelfeld zur Auswahl. Und es scheint fast egal, welches Duo jeweils die Schaltzentrale besetzt.
„Taktisch werden wir ab der U15 ausgebildet. Wir wissen, worauf es ankommt“, erläuterte Melanie Leupolz das Zusammenwirken mit Lena Goeßling. Während des Spiels gebe es „kurze Kommandos oder Blickkontakte“, damit man nicht „auf der selben Höhe ist und immer ein Wechselspiel hat“. Der 21-Jährigen von Bayern München ist es egal, ob sie mit der erfahrenen Wolfsburgerin das Mittelpaar bildet oder mit Dzsenifer Marozsan oder wie im Verein mit Melanie Behringer. „Das ist kein großer Unterschied. In der Defensive müssen wir gut arbeiten und uns abstimmen. Bisher hat es ganz gut geklappt.“
Goeßling sieht es genauso: „Man wächst lange zusammen und weiß, was die eine oder andere macht“, sagte die 29-jährige VfL-Spielerin. „Wir spielen ja alle nicht erst seit einem Monat zusammen, unterstützen uns gegenseitig, so wie die ganze Mannschaft gut gegen den Ball arbeitet. Das passt so.“
Die Bundestrainerin hat in den vier WM-Spielen schon nahezu jede Kombination ausprobiert. Gegen die Elfenbeinküste (10:0) begannen Goeßling und Leupolz, die nach ihrer frühen Verletzung aber durch Behringer ersetzt wurde. Beim 1:1 gegen Norwegen spielten Goeßling und Edeltechnikerin Marozsan 90 Minuten Seite an Seite. Im dritten Gruppenspiel gegen Thailand (4:0) vertraute Neid der Frankfurterin Marozsan und Behringer. Und gegen Schweden standen anfangs wieder Goeßling und Leupolz auf dem Rasen, ehe nach der Pause Marozsan für Leupolz kam. „Ich war nicht verletzt. Ich weiß nicht, warum ich ausgewechselt wurde. Die Trainerin wird ihre Gründe haben. Das ist absolut in Ordnung, weil wir vier super Spielerinnen haben.“
Auch für Goeßling ist es „gar kein Problem, wenn ich mal eine Hälfte nicht spiele“. Wegen der schwierigen Bedingungen und der Dauer der WM sei von vornherein klar gewesen, dass man „nicht alle Partien durchspielen“ könne. Auch Marozsan kann mit dem Wechselspiel gut leben: „Klar will man immer spielen. Aber wir verstehen uns gut und wichtig ist allein der Erfolg des Teams.“
Neid ist froh, je nach Gegner und speziellen Anforderungen aus dem Quartett auswählen und die beste Kombination aufs Feld schicken zu können. Dabei ist die Weltbeste auf der Position nicht einmal dabei. Weltfußballerin Nadine Kessler vom VfL Wolfsburg, die im Januar bei der FIFA-Gala neben Cristiano Ronaldo ausgezeichnet wurde, verpasste die WM wegen ihrer langwierigen Knieprobleme.
Derzeit scheint das Duo Goeßling/Leupolz leicht die Nase vorn zu haben. Doch das ist keineswegs in Stein gemeißelt. „Ich wähle diejenigen aus, die für die jeweilige Partie und den Gegner am besten passen“, betonte Neid.
Man darf gespannt sein, mit wem Neid im Viertelfinale gegen Frankreich am Freitag (22.00 Uhr MESZ) die Schaltzentrale besetzt. Gegen die spielstarken Französinnen sind vor allem Aggressivität in den Zweikämpfen und schnelles Umschalten nach Balleroberung gefragt.
Das spricht nicht gegen Goeßling/Leupolz. Auch wenn die Allgäuerin sich nicht als Stammspielerin sieht, gibt sie schonmal die Richtung vor. „Wir wollen ihnen unser Spiel aufdrängen. Ich bin gespannt“, meinte Leupolz. Auch Goeßling kann in dem „endspielwürdigen“ Duell keinen Favoriten ausmachen. „Wir müssen das ganze Spiel powern, dürfen ihnen keine Luft zum Atmen lassen. Am Ende wird der gewinnen, der es am meisten wollte.“