Ein Jahr nach der WM: Kickerinnen wieder im Schatten

Frankfurt/Main (dpa) - Das Interesse ist gestiegen, der erhoffte Boom blieb jedoch aus. Ein Jahr nach der Heim-Weltmeisterschaft ist der deutsche Frauenfußball wieder aus dem Rampenlicht verschwunden.

Die Bundesliga verzeichnete in der abgelaufenen Saison zwar einen Zuschaueranstieg um rund 26 Prozent auf durchschnittlich 1000 Besucher pro Partie, fristet aber nach wie vor ein Schattendasein. Wie schwach das Gebilde Frauen-Bundesliga immer noch ist, verdeutlichte der finanziell begründete Rückzug des Hamburger SV, der von den anderen Vereinen als fatales Signal für die Zukunft wahrgenommen wurde.

„Das ist eine Schande für den deutschen Frauenfußball“, schimpfte Erfolgstrainer Bernd Schröder vom Meister Turbine Potsdam. „Da sieht man, welchen Stellenwert Frauenfußball im DFB hat.“ Der Verband dürfe nicht zulassen, „dass man einfach eine Mannschaft abmeldet“, redete Schröder Klartext.

Ähnlich kritisch äußerte sich Manager Siegfried Dietrich vom Dritten 1. FFC Frankfurt. „Das ist für den gesamten Frauenfußball kein gutes Zeichen“, meinte das Mitglied der zwölfköpfigen DFB-Kommission Frauen-Fußball.

Denn wie den HSV plagen auch andere Vereine finanzielle Schwierigkeiten, die nur schwer zu lösen sind. Die Zuschauereinnahmen reichen vorne und hinten nicht aus, von TV-Geldern in Millionenhöhe können die Frauen nur träumen. Professionelle Strukturen gibt es nur in den Top-Clubs wie Potsdam, Frankfurt und neuerdings auch beim Vizemeister VfL Wolfsburg.

Schröder sieht eine Mitschuld beim DFB. Er warf dem Verband vor, sich einseitig auf die WM im vergangenen Jahr konzentriert und darüber die Bundesliga vernachlässigt zu haben. „Die Nationalmannschaft ist die eine Seite. Sie ist das Ei - und die Clubs sind die Henne. Doch wenn die Liga nicht funktioniert, können die Hennen auch keine Eier legen“, klagte Schröder.

DFB-Direktorin Steffi Jones, die in ihrer Erfolgskarriere unter anderen drei EM-Titel und sechs deutsche Meisterschaften feierte, weiß um die Probleme. „Die WM im eigenen Land war ein Event, das Maßstäbe gesetzt hat und nicht vergleichbar ist. Der Alltag ist deswegen kein Selbstläufer. Für die Vereine wäre es bei der Sponsorensuche einfacher gewesen, wenn wir Weltmeister geworden wären“, sagte Jones in einem am Dienstag auf der DFB-Internetseite veröffentlichten Interview.

Sie sieht bei der Entwicklung des Frauenfußballs in den nächsten Jahren noch viel Luft nach oben. „Man kann noch sehr viel optimieren, die Schraube ist längst nicht zu Ende gedreht. Das Ziel sind professionellere Rahmenbedingungen und Strukturen“, meinte Jones. Sie warnte jedoch vor zu hohen Erwartungen: „Ich rede dabei nicht vom Profitum, das wäre nicht realistisch.“