Erst Irland, dann USA: Angerer „größter Star seit Marta“
Portland (dpa) - Die Weltfußballerin ist auf ihrer Weltreise bei der nächsten Station angekommen. Auf Australiens Meisterschaftszweiten Brisbane Roar folgt für Nadine Angerer nun der US-Champion Portland Thorns FC.
Die deutsche Nationaltorhüterin ist der prominenteste Neuzugang der amerikanischen National Women's Soccer League (NWSL), die am 12. April in ihre zweite Saison startet. Die US-Medien kündigen Angerer als „größten Star seit Marta“ an. Brasiliens Ausnahme-Stürmerin spielte drei Jahre lang in Amerika.
Die bodenständige Bayerin hält nicht viel von Lobliedern und markigen Schlagzeilen. „Ich komme nicht zum Club und sage denen: Passt mal auf, ich bin Weltfußballerin. So wie ich es mache, ist es richtig“, sagt Angerer der Nachrichtenagentur dpa. Die 35-Jährige versteht sich als echte Teamplayerin. Die Auszeichnung mit dem Goldenen Ball habe zwar eine große Bedeutung, gehöre aber der Vergangenheit an.
Ihr Amerika-Abenteuer hat Angerer schon mit dem Umzug am 23. März begonnen, richtig angekommen ist sie aber noch nicht. Wie denn auch? Fürs Auspacken, Einräumen und Eingewöhnen war keine Zeit. 48 Stunden Portland, anschließend fünf Tage Trainingslager in der Wüste von Arizona und dann zurück nach Germany. Am Freitagmorgen startete sie von Frankfurt Richtung Irland, wo für die DFB-Frauen an diesem Samstag (16.00 Uhr) in der WM-Qualifikation das erste Pflichtspiel des Jahres ansteht.
Dass der Europameister, der die Qualifikationsgruppe 1 nach 5 Spielen mit 15 Punkten und 40:0 Toren souverän vor den Irinnen (7 Punkte aus 3 Spielen) anführt, die grüne Insel mit drei Zählern verlassen dürfte, ist keine allzu gewagte Prognose. Auch wenn Bundestrainerin Silvia Neid vor dem Außenseiter warnt: „Das ist ein Gegner, den wir sehr ernst nehmen. Irland hat beim Zypern-Cup gegen starke Mannschaften sehr gute Ergebnisse erzielt.“
Nach der Partie in Dublin geht es für Angerer wieder zurück, denn am Donnerstag steht in Mannheim gegen Slowenien schon die nächste Aufgabe an. Das Flugmeilenkonto wird weiter aufgestockt: Denn zwei Tage später startet die zweimalige Weltmeisterin mit Portland bei Houston Dash in die US-Saison. Angerer gibt zu, dass es derzeit „ein bisschen schwierig und anstrengend“ sei. Aber die Vielfliegerei kenne sie schon von den Auswärtsspielen in Australien.
Das dürfte ihr in den USA entgegenkommen. Denn die neun NWSL-Teams sind quer über das Land verstreut. Der dichteste Kontrahent ist Seattle Reign FC, drei Autostunden nördlich. Bis zu den Boston Breakers im Nordosten der USA sind es hingegen 5000 Kilometer. „Ich sammle fleißig meine Flugmeilen und glaube, dass ich allmählich an den Senator-Status herankomme“, flachst sie.
Als das Angebot aus Portland kam, habe sie nicht lange überlegt, berichtet Angerer. Für den namhaften Neuzugang trennte sich der Verein sogar von der bisherigen Nummer eins, Karina LeBlanc. Kanadas Nationaltorfrau war in der Vorsaison eine Schlüsselfigur, sammelte die meisten Siege (11) und ließ pro Partie im Schnitt nur 1,1 Gegentore zu. Thorns-Coach Paul Riley ist aber sicher, dass Angerer das Niveau noch einmal hebt. „Wir wollen, dass Thorns der beste Club der Welt wird. Nadines Präsenz wird uns hoffentlich dabei helfen.“
Portland zählt zu den Titel-Favoriten. Das Team hat in Angerer nicht nur die weltbeste Torhüterin, sondern in US-Darling Alex Morgan und Kanadas Spielführerin Christine Sinclair noch zwei absolute Star-Stürmerinnen. Ihre neue Wahlheimat kennt Angerer schon von der WM 2003, als Deutschland in Portland den legendären 3:0-Halbfinalsieg gegen Titelverteidiger USA landete. „Die Stadt fand ich super und ich mag den Bundesstaat Oregon sehr gern“, sagt Angerer.
Ohnehin schlägt im Nordwesten der USA der Soccer-Puls am höchsten. Im Vorjahr kamen im Schnitt 13 320 Fans zu den Thorns-Heimspielen, für die neue Saison wurden mehr als 15 000 Dauerkarten verkauft. Nicht nur deshalb fiebert Angerer ihrem ersten Auftritt entgegen. Auch der Freizeitwert sei enorm hoch, meint Angerer schmunzelnd: „Die Leute haben mir erzählt, dass es hier viele super Brauereien geben soll.“