Motivation zum Weitermachen da Jones „sehr enttäuscht“: Bitteres EM-Aus gegen Dänemark
Rotterdam (dpa) - Der Blick der sonst stets fröhlichen und zuversichtlichen Steffi Jones ging ins Leere.
Sichtlich gezeichnet vom bitteren und unerwartet schnellen Ende des EM-Traums suchte die Bundestrainerin nach dem 1:2 (1:1) im Viertelfinale gegen Dänemark nach Worten und Erklärungen. „Unser Siegeswille war nicht so groß wie der von Dänemark. Natürlich ist die Enttäuschung jetzt sehr groß“, sagte Jones in Rotterdam.
Obwohl die deutschen Fußball-Frauen seit 30 Jahren nicht so früh bei einer Europameisterschaft ausgeschieden sind wie nun beim ersten Turnier unter der neuen Bundestrainerin, verschwendet Jones keinen Gedanken daran, ihre Mission voreilig aufzugeben. „Meine eigene Motivation ist da“, sagte die 44-Jährige, die weiter auf das auch für den Fall eines vorzeitigen EM-Scheiterns zugesagte Vertrauen der Verbandsführung hofft. „Die Entscheidungsträger sitzen im DFB. Und die werden sicherlich in den nächsten Tagen mit mir zusammensitzen. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht.“
DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte vor dem Turnier bei einem Besuch im Teamcamp der DFB-Elf in Sint-Michielsgestel erklärt, man messe die Arbeit der Nachfolgerin von Silvia Neid nicht nur am Erfolg. „Es war dann ein gutes Turnier, wenn die Mannschaft das abruft, was sie kann und wenn sie hier als echtes Team auftritt.“
Kurz nach dem Aus klang Grindels Statement allerdings schon ein wenig anders, zu einem klaren Bekenntnis konnte er sich nicht durchringen: „Wir werden nunmehr in aller Ruhe, unabhängig von der aktuellen Enttäuschung über das Ausscheiden, mit allen Beteiligten analysieren und überlegen, was zu tun ist, damit unsere Frauen-Nationalmannschaft wieder an frühere Erfolge anknüpfen kann.“ Alle beim DFB seien „sehr enttäuscht über das frühzeitige Ausscheiden und vor allem über die spielerische Leistung“ gegen Dänemark. Halbfinal-Gegner der Däninnen ist EM-Neuling Österreich, das nach torlosen 120 Minuten Spanien im Elfmeterschießen 5:3 besiegte.
Zumindest was den Zusammenhalt angeht, ist dem achtmaligen Europameister kein Vorwurf zu machen. Die vorhandene spielerische Qualität zeigte der Olympiasieger von 2016 allerdings im gesamten Turnier kaum. Weder in den drei Gruppenspielen bei dem dürftigen 0:0 gegen die ebenfalls schon im Viertelfinale gescheiterten Schwedinnen, bei dem 2:1 gegen Italien oder dem 2:0 gegen Russland - noch im ersten K.o.-Spiel. Für die deutschen Frauen war es die erst fünfte Niederlage im 47. EM-Spiel.
Zwar gelang Isabel Kerschowski gegen die Däninnen in der 3. Spielminute endlich das erste deutsche Turniertor aus dem Spiel heraus. Aber Sicherheit und Mut gab der von einem groben Schnitzer der Torfrau Stina Petersen begünstige Führungstreffer keineswegs. Im Gegenteil: Es zeigten sich die gleichen Probleme im Passspiel und beim Torabschluss wie in der Vorrunde. Jones kritisierte ihre Spielerinnen denn auch deutlich. „Wir haben jegliche Souveränität und Aggressivität vermissen lassen, waren unsicher und hatten viele Ballverluste“, klagte die Fußball-Lehrerin, die an der Seitenlinie teilweise Anfängerfehler beobachten musste.
So verweigerten Dzsenifer Marozsán und Kerschowski plötzlich den Dienst, als sie nach einem vermeintlichen Foul vergeblich auf einen Pfiff der ungarischen Schiedsrichterin Katalin Kulcsar warteten. So fiel dem Team von Nils Nielsen das 1:1 von Nadia Nadim praktisch in den Schoß. Den Traum vom neunten EM-Titel zerstörte Theresa Nielsen (83.) mit ihrem Treffer zum sechsten Sieg der Däninnen im 22. Duell mit einer DFB-Auswahl.
„Uns hat einfach die Aggressivität und die Überzeugung gefehlt“, monierte Torhüterin Almuth Schult. „Es ist bitter, wie dieses Aus zustande kommt: Wenn man seit Wochen den Rhythmus hat und dann hier um 11 Uhr raus muss zum Warmmachen, das ist eine ziemliche Katastrophe.“ Das Spiel war am nach heftigen Regenfällen in Rotterdam verschoben worden. Als Entschuldigung mochte Jones die schwierige Vorbereitung aber nicht gelten lassen: „Dänemark hatte die gleichen Bedingungen.“
Trotz des großen Frustes gab sich Jones auch selbstkritisch, zumal man die EM-Titelambitionen im Vorfeld offen kommuniziert hatte. Sie frage sich nun natürlich: „Was ist eigentlich schiefgelaufen, was haben wir nicht verstanden nach den Gruppenspielen?“ Verlässliche Antworten sind wohl erst in den kommenden Wochen nach eingehender Analyse möglich. Am Montag geht's nach einer letzten Nacht im Teamquartier erst mal zurück in die Heimat.