Nach Sieg: Wolfsburg will 2015 zum Hattrick nach Berlin
Lissabon (dpa) - Als die Partysause nach dem historischen Coup von Lissabon ihren Lauf nahm, war das Blut aus den Haaren von Lena Gößling verschwunden.
Für die Feier im noblen Pousada de Cascais - Cidadela Historic Hotel hatte sich die Fußball-Nationalspielerin wie ihre Teamkolleginnen vom VfL Wolfsburg schnell schick gemacht. Das Pflaster unter ihrem rechten Auge hatte sie schon zur Pokalübergabe entfernt. „Wie sieht das bei der Siegerehrung denn aus“, scherzte die 28-Jährige nach dem großen Triumph im dramatischen Champions-League-Finale.
Für ihren mit zwei Stichen genähten Cut wurde sie von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach getröstet. „Das ist in ein paar Wochen weg, aber der Pokal bleibt.“ Gößling hatte sich bereits früh bei einem Zusammenprall verletzt, hielt aber dennoch bis in die Nachspielzeit durch - und stand damit sinnbildlich für den großen Willen und die Leidensbereitschaft der Wolfsburgerinnen beim 4:3 (0:2) gegen Tyresö FF am Donnerstagabend.
„Das ist der Charakter der Mannschaft“, hob Trainer Ralf Kellermann nach dem Erfolg hervor, durch den der VfL Einzug in die Geschichtsbücher des deutschen Frauen-Fußballs fand - noch keinem Bundesliga-Club war es gelungen, den Titel in der Champions League zu verteidigen. International erreichten das nur Umea und Lyon.
„Das ist der absolute Wahnsinn“, sagte Martina Müller, „wir wollten unbedingt die erste deutsche Mannschaft sein, die das schafft.“ Deutschlands Fußballerin des Jahres hatte mit ihren beiden Treffern nach der Pause maßgeblichen Anteil am Triumph, nachdem sie bereits beim unerwarteten ersten Königsklassen-Gewinn vor einem Jahr in London den entscheidenden Treffer erzielt hatte. „Für Martina freut es mich ganz besonders, weil sie das Gesicht des VfL Wolfsburg ist“, lobte Kellermann seine Top-Torschützin.
Wie das gesamte Team musste aber auch Müller zunächst ein tiefes Tal durchschreiten, um am Ende wieder auf dem europäischen Fußball-Olymp zu stehen. Eine Halbzeit lang lief bei den Wölfinnen nicht viel zusammen, lagen die Schwedinnen durch Marta (28. Minute) und Verónica Boquete (30.) verdient in Führung. „In der Kabine sind einige Spielerinnen schon etwas laut geworden“, berichtete Spielführerin Nadine Keßler. Auch Kellermann fand klare Worte. „Ich habe ihnen gesagt, das kann es nicht gewesen sein.“
Nach dem Seitenwechsel zeigte der Triple-Sieger des vergangenen Jahres im Estádio do Restelo am Ufer des Rio Tejo dann sein wahres Gesicht und verdiente sich durch die Treffer von Alexandra Popp (47.), Müller (53.), Geburtstagskind Verena Faißt (68.) und noch einmal Müller (80.) erneut den Henkelpokal. Selbst den neuerlichen Rückstand durch Marta (56.) steckten die Niedersachsen weg.
Die große Moral beeindruckte auch Angela Merkel. „Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert ganz herzlich zu diesem tollen Erfolg. Sie hat das dem Verein und der Mannschaft auch noch einmal schriftlich übermittelt, der Brief ist auf dem Weg“, sagte ein Regierungssprecher den „Wolfsburger Nachrichten.“
„Ein grandioser Erfolg!“, sagte Wolfsburgs Männer-Coach Dieter Hecking in Lissabon. „Das war Super-Werbung für den Frauenfußball im Allgemeinen und für den deutschen Frauenfußball im Speziellen“, lobte Niersbach. „Der VfL hat sich damit als europäisches Spitzenteam etabliert“, sagte Bundestrainerin Silvia Neid.
Nach den strapaziösen 93 Minuten brauchten die Spielerinnen erst einmal eine Weile, ehe die Freude die Müdigkeit aus den Körpern verdrängte. Nur langsam kam die Party in der kleinen Küstenstadt Cascais rund 25 Kilometer vor den Toren Lissabons in Schwung. Kellermann erteilte seinen Heldinnen aber die Erlaubnis für eine Party bis ins Morgengrauen. „Wir werden heute und in der Nacht keine Rücksicht auf das Spiel am Sonntag nehmen“, sagte der VfL-Coach mit Blick auf das Bundesliga-Duell gegen Essen.
Doch nach der für den späten Freitagabend vorgesehenen Rückkehr in die Heimat sollte statt eines Empfangs wieder die Konzentration auf die Liga im Vordergrund stehen. „Jetzt wollen wir auch den Meistertitel“, sagte Keßler. Die große Siegesparty wurde auf Pfingstsonntag verschoben. Am 8. Juni planen die Stadt und der Verein von 16 Uhr an eine Feier und einen Empfang nach dem letzten Bundesligaspiel gegen Tabellenführer 1. FFC Frankfurt. Auch ein Eintrag in das Goldene Buch ist nach Angaben der Stadt Wolfsburg dann vorgesehen.
Kellermann will noch mehr und blickte sogar noch weiter in die Ferne. Im Kopf hat er schon die kommende Saison, in der das Königsklassen-Finale in Deutschland stattfindet. „Unser Ziel ist jetzt schon das Champions-Finale 2015 in Berlin.“