Neid nach 0:0: „Nicht alles schlecht reden“
Vaxjö (dpa) - Enttäuscht, aber nicht entnervt: Die deutschen Fußballerinnen haben sich einen Tag nach der Nullnummer zum EM-Auftakt auf einen Sieg gegen Island eingeschworen.
„Man braucht sich um uns keine Sorgen zu machen. Wir wissen, dass wir viel besser spielen können. Wir müssen einfach an unsere Stärke glauben“, beruhigte Innenverteidigerin Saskia Bartusiak bei der DFB-Pressekonferenz im „Konserthus“ von Växjö, nachdem der Turnierstart mit dem 0:0 gegen die Niederlande nicht wunschgemäß verlaufen war.
Auch Lena Goeßling will sich nicht entmutigen lassen und gab sich schon wieder zuversichtlich. Mit der Analyse am Freitag sei die Partie gegen Holland „abgehakt“. Und der Blick richte sich auf das zweite Spiel am Sonntag gegen Island. „Gegen die Isländerinnen müssen wir wieder besser kombinieren und unsere Fehler abstellen“, sagte die Mittelfeldspielerin. „Ich denke, dass wir in den nächsten Spielen schon wieder mehr Lösungen haben.“
Man dürfe jetzt nicht alles „schlecht reden“, hatte Bundestrainerin Silvia Neid schon kurz nach dem unerwarteten Unentschieden am Donnerstagabend erklärt. „Es war nicht alles schlecht. Es waren auch gute Sachen dabei.“
Kopf hoch und positiv nach vorn schauen - so lautet das Motto des Titelverteidigers, der wie die übrigen drei Teams in der Gruppe B nach dem 1. Spieltag nur einen Punkt hat. Denn auch Norwegen war zuvor in Kalmar gegen Deutschlands nächsten Gegner Island nicht über ein 1:1 hinausgekommen. „Es ist ja nichts passiert. Kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken“, meinte Neid, die eine „perfekte Analyse“ des Duells mit den „starken Holländerinnen“ versprach.
„Es ist noch alles möglich“, beruhigte Malmös Stürmerin Anja Mittag nach dem vermasselten Turnierstart in ihrer schwedischen Wahlheimat. Auch für Torhüterin Nadine Angerer, die die gehemmt und unsicher auftretende Elf mit einigen Glanzparaden vor der ersten EM-Pleite seit 20 Jahren bewahrte, ist das 0:0 keine Katastrophe. „Wir sind mit dem Punkt erstmal zufrieden. Alles ist offen“, so die 34-jährige Spielführerin.
Zu hektisch, zu nervös, zu unkonzentriert, zu schwach in der Balleroberung, dem Spielaufbau und dem Chancenkreieren - die Mängelliste war ungewöhnlich lang beim Dominator der zurückliegenden fünf EM-Turniere. Vor allem das tolle 4:2 über Weltmeister Japan im letzten Test hatte hohe Erwartungen und große Hoffnungen geschürt. Nun stellte Angerer nüchtern fest: „Wir waren zu ängstlich.“
Dennoch: Auch 1989 und 1997 startete Deutschland jeweils mit einem Remis ins Turnier, tat sich beim 1:0 gegen Norwegen auch 2005 anfangs schwer - und triumphierte am Ende. „Ich hoffe und glaube, dass wir jetzt im Turnier angekommen sind und bessere Leistungen zeigen“, meinte Bartusiak. Goeßling vermutet, dass die Unerfahrenheit vor allem die Jungen etwas blockiert haben könnte. „Für mich war es auch das allererste EM-Spiel. Und ein Turnier ist eben doch was anderes. Die Erfahrung haben auch andere gemacht.“
Als schlechte „Verlierer“ traten die Deutschen trotz der Kritik von Neid an zwei nicht gegebenen Elfmetern nicht auf. Die Spielerinnen gaben sich selbstkritisch, was für ihren Charakter spricht. „Wir sind nicht in Tritt gekommen“, gab Goeßling zu, die gemeinsam mit Nadine Keßler als „Doppelsechs“ diesmal nicht überzeugte. „Lena und Nadine können es besser“, gestand Neid. „Wir waren im Zentrum zu löchrig, hatten zu wenig Ballgewinne und haben oft zu ungenau in die Spitze gespielt.“
Grund zur Panik besteht nicht. Allerdings muss die deutsche Auswahl den Schalter nun schnell umlegen. Um zu punkten und um Zweifel an der spielerischen Klasse und der Druckresistenz nicht hochkochen zu lassen. Neid hätte nicht nur in Simone Laudehr, die bereits in der Nacht zu ihrem 27. Geburtstag ein Ständchen bekam und am Freitag mit einem Erdbeerkuchen mit weißer Schokoladencreme verwöhnt wurde, eine Alternative. Aber: „Ich werde nicht alles ummodeln, sondern vertraue meinen Spielerinnen. Sie haben ja schon gezeigt, dass sie es besser können.“
Teammanagerin Doris Fitschen mahnte im ZDF-„Morgenmagazin“ zur Sachlichkeit, weil hier und da sogar Trainerin Neid infrage gestellt wurde. „Ich kann nicht verstehen, dass einige jetzt schon wieder draufhauen. Das finde ich schade. Wir haben eine junge Mannschaft und es war erst das erste Spiel“, meinte Fitschen.