Sechs „Deutsche“ in Ungarns Frauen-Fußballteam

Halle (dpa) - Für Ungarns Nationaltrainerin Edina Marko ist es das „Spiel des Lebens“, für sechs ihrer Kickerinnen sogar ein Heimspiel.

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Wenn Ungarns Fußballerinnen am Freitag in Halle zum ersten Qualifikationsspiel für die EM 2017 in den Niederlanden gegen Deutschland antreten, geht für viele ein Traum in Erfüllung. „Gegen die deutschen Stars zu spielen, ist ein wahres Fest“, sagt Marko. Was für den Titelverteidiger als Pflichtaufgabe gilt, wird beim 40. der Weltrangliste zum Mega-Event. „Da wäre es wirklich ein Kunststück, wenn wir ein enges Spiel erreichen könnten“, betont sie.

Die Trainerin hat ein Problem: Nur acht Spielerinnen ihres Kaders kommen aus der ungarischen Liga. Fast alle spielen entweder bei Meister Ferencsvaros oder MTK Hungaria, beide aus Budapest. Zehn Spielerinnen aber sind im Ausland beschäftigt. Die Bekannteste, Zsanett Jakabfi, ist seit fünf Jahren beim VfL Wolfsburg unter Vertrag. Mit ihr bilden Dora Zeller von der TSG 1899 Hoffenheim und Gabriella Toth von Aufsteiger Werder Bremen ein Bundesliga-Trio.

Ein weiteres Trio spielt in der 2. Liga Nord. Viktoria Szabo, Zsofia Racz und Henriette Csiszar stehen in Berlin beim Zweitligisten 1. FC Lübars unter Vertrag. Racz gehört mit 62 Länderspielen zu den erfahrenen Spielerinnen in Ungarns Team. Abwehrspezialistin Toth kommt sogar schon auf 63 Einsätze.

Vieles läuft aber über Jakabfi, die durch einen Zufall zur Nationalspielerin wurde. „Mein Vater war aktiver Fußballer. Als Mädchen habe ich ihm oft und gerne zugeschaut. So entstand meine Liebe zum Fußball. Ein Freund meines Vaters schwärmte immer, wie toll es wäre, wenn die Kinder später auch so spielen könnten“, erinnert sich Jakabfi an ihre Kindheit am Südufer des Plattensees. Sie galt auch als eine hoch talentierte Handballerin, spezialisierte sich dann aber auf Fußball. Ihre Schnelligkeit, erworben in der Leichtathletik, hilft ihr noch heute.

Als MTK Budapest einmal am Balaton trainierte, durfte Jakabfi mitmachen, erzielte in einem Test zwei Tore und wurde sofort engagiert. Mit 14 Jahren zog sie in die Hauptstadt, ein Jahr später war sie Meister, ein weiteres Jahr darauf Nationalspielerin. Jetzt steht die 25-Jährige, inzwischen auch dreimal „Fußballerin des Jahres“ ihres Landes, vor ihrem 26. Länderspiel.

Angesichts der zu erwartenden Leistungsunterschiede falle es schwer, auch nur insgeheim von einem Punkt zu träumen, meint Jakabfi. „Ich wäre bereits komplett zufrieden, wenn wir zeigen könnten, dass wir im Spiel unser Bestes geben. Diese Gewissheit, das man sein Optimum abgerufen hat, wäre für mich sehr befriedigend.“ Frauenfußball werde in Ungarn immer noch stiefmütterlich behandelt, mit nur wenig Unterstützung und geringer Qualität. „In der Liga mit acht Teams gibt es nur zwei Mannschaften, die das Geschehen dominieren. Das fördert den Wettbewerb nicht gerade“, sagt Jakabfi enttäuscht.