Wolfsburgs hungrige Heldinnen: Wilde Party nach Triple

London (dpa) - Nach dem wichtigsten Tor ihrer Karriere wich Martina Müller das schelmische Grinsen nicht aus dem Gesicht. Nur eine Sorge trieb Wolfsburgs Champions-League-Heldin um: Die englische Sperrstunde.

Party nonstop hatten sich die VfL-Fußballerinnen nach dem Europacup-Coup gegen Olympique Lyon selbst verordnet. Wer an der Stamford Bridge in die freudestrahlenden Gesichter von Conny Pohlers, Lena Goeßling und Co. blickte, wusste: Die meinen es ernst.

So traf es sich gut, dass ihr Verein den Roof Gardens im feinen Londoner Stadtteil Kensington gebucht hatte. Diese Location kennt keine zu frühe Schließzeit. „Jetzt können wir mal endlich feiern. Wir hatten noch keinen Titel gewonnen und jetzt haben wir drei gleichzeitig“, jubelte Müller über den historischen Hattrick aus Meisterschaft, Pokalsieg und Triumph in der Königinnenklasse.

Das mit Köpfchen und viel Herz erkämpfte 1:0 gegen die als unschlagbar geltenden Französinnen durch Müllers Handelfmetertor tat dem deutschen Frauenfußball insgesamt gut. Nicht umsonst konstatierte Bundestrainerin Silvia Neid: „Wer es schafft, gegen eine internationale Top-Mannschaft wie Lyon zu bestehen, der verdient höchste Anerkennung.“ Der Erfolg setzte bei den Siegerinnen viele spontane Emotionen frei. „Verrückt, verrückt, Wahnsinn“, jubelte Pohlers.

Und doch ging der Blick bei den „Wölfinnen“ auch schon nach vorn. Es sollen noch mehr Trophäen folgen. „Natürlich baut das einen gewissen Druck auf. Aber wir sind jung, wir sind gewillt und es macht unglaublich Spaß, Titel zu sammeln. Heute sind alle auf den Geschmack gekommen“, sagte Spielführerin Nadine Keßler.

Auch Müller richtete eine klare Kampfansage an die Konkurrenz im In- und Ausland. „Wenn wir jetzt satt sind, weil wir drei Titel geholt haben, dann sollte der, der satt ist, aufhören. Andere Mannschaften wie Frankfurt oder Potsdam haben viel mehr Titel geholt. Da wollen wir auch hin“, sagte sie.

Diese Einstellung gefällt der Club-Führung. Geschäftsführer Thomas Röttgermann stellte im allgemeinen Jubel nüchtern fest: „Wir gehören zu den Topmannschaften Deutschlands, auch Europas. Aber wir haben den Champions-League-Titel nicht gebucht. Wir wissen, dass schon der deutsche Meistertitel im nächsten Jahr keine Selbstverständlichkeit ist“, sagte er. „Das Projekt und die Mission sind nicht beendet.“ Die Suche nach sportlich und vor allem menschlich passenden Verstärkungen läuft.

Auf weniger als zwei Millionen Euro wird der Etat der Wolfsburger Fußball-Frauen geschätzt. Dafür kann sich das in dieser Saison wieder so enttäuschende Männer-Team des VfL kaum das Gehalt eines einzigen durchschnittlichen Spielers leisten. Vergleiche dieser Art gefallen Röttgermann nicht. Doch auch er fügt an: „Diese Mannschaft hat unglaublich viel erreicht, wofür wir beim VfL Wolfsburg alle stehen wollen, Leidenschaft, Zusammengehörigkeit, Erfolg.“

Doch was war das Wolfsburger Geheimnis für eine perfekte Spielzeit? Ein ungewöhnlich guter „Teamgeist“, beteuerten die Spielerinnen unisono. Tatsächlich wurde Lyon mit einer solchen Leidenschaft bezwungen, dass Trainer Ralf Kellermann das Herz gehüpft haben mag. Gerne entließ der Erfolgscoach seine Siegerinnen in ein langes London-Wochenende. Keßler und Co. hatten den Freitag fest als puren Erholungstag eingeplant. Am Samstag stehen Shopping, Sight-Seeing und vor allem das Männerfinale zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München auf dem Programm.