100 Tage Klopp in Liverpool

Liverpool (dpa) - Euphorie, Verletztenmisere, Trainer-Streit, ab und an sportliche Ausrufezeichen - am Sonntag ist Jürgen Klopp mit dem Spiel gegen Manchester United 100 Tage Trainer des FC Liverpool.

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Den Fans hat er ein paar echte Höhepunkte beschert. Schlaglichter seit Amtsantritt des 48-Jährigen:

HAMSTRING: Reihenweise fielen die Liverpool-Profis unter der Regie von Klopp mit einer Oberschenkelverletzung (englisch: hamstring) aus. Sehr zum Ärger des deutschen Trainers. „Hamstring is the shit word of the year for me“, schimpfte er. „Ich kannte das Wort gar nicht, bevor ich nach England gekommen bin, aber „Hamstring“ ist für mich das schlimmste Wort des Jahres. Es heißt immer nur Hamstring, Hamstring, Hamstring.“

TRAINER-STREIT: Einige Experten auf der Insel machen Klopp für die vielen Verletzungen verantwortlich. Der Vorwurf: Es liegt am Trainings- und Spielstil des früheren Dortmunder Coaches. „Weil er diese Extra-Energie, diese zehn Extra-Meter gefordert hat, sind die Jungs nach so vielen Spielen in so kurzer Zeit jetzt müde und erleiden diese Muskelverletzungen“, kritisiert beispielsweise Sunderlands Trainer Sam Allardyce den deutschen Kollegen. Mit Tony Pulis, Trainer von West Bromwich Albion, ist er während des Spiels aneinander geraten: Der hat nach dem Abpfiff den Handschlag verweigert.

EMOTIONEN: So viele Emotionen hat es an den Seitenlinien in der Premier League noch selten gegeben. Wild gestikulierend feuert er seine Mannschaft stets an. Auch die vierten Schiedsrichter kennen Klopp inzwischen gut. Doch er übertreibt gelegentlich ein bisschen. So hat Arsenal-Trainer-Oldie Arsène Wenger seinen Kollegen erst am Mittwoch möglicherweise vor einem Verweis auf die Tribüne bewahrt. „Ich habe ihm gesagt, er solle sich beruhigen“, erklärte der Franzose.

THE NORMAL ONE: In Anspielung an die gewohnt offensiven Aussagen des Portugiesen José Mourinho, der sich bei seinem Amtsantritt als Chelsea-Coach als „The Special One“ bezeichnete, macht es Klopp eine Nummer kleiner. Mit „Maybe I'm the Normale One“ stellt sich der Ex-Profi bei seiner Präsentation vor. Die Merchandising-Abteilung des Clubs reagiert umgehend und bringt T-Shirts mit Klopps Gesicht und dem Spruch „The Normal One“ heraus.

EUPHORIE: Spätestens seit dem 4:1-Auswärtssieg bei Manchester City Ende November liegen die Liverpool-Anhänger ihrem neuen Idol zu Füßen. „Der Klopp-Effekt scheint in Liverpool schon viel früher zu greifen, als viele Leuten angenommen hätten“, schreibt das britische Boulevard-Blatt „Mirror“. „King Klopp“ ist geboren. Doch nach insgesamt 13 Partien ist beim Tabellenneunten Ernüchterung eingekehrt. Fünf Siege, vier Unentschieden und vier Niederlagen bedeuten Mittelmaß. Vorgänger Brendan Rodgers wurde entlassen, als die Reds auf Rang zehn standen.

LOB: Die Liverpool-Profis geraten jedes Mal von neuem ins Schwärmen, wenn sie zur Arbeit ihres Trainer gefragt werden. „Klopp hat uns diese Zweifel genommen und uns aufgezeigt, wie wir guten, erfolgreichen Fußball spielen können“, schwärmt Nationalspieler Emre Can von seinem neuen Coach. Auch Torhüter Simon Mignolet äußert sich sehr positiv über Klopp: „Er gibt uns eine Menge Selbstvertrauen.“

BELASTUNG: Die Premier League ist bekannt für viele Spiele. Keine Winterpause, zwei Pokalwettbewerbe und dann noch die europäischen Wettbewerbe. „Der größte Unterschied zu Deutschland ist die Vielzahl an Spielen. Hier zählt nur Fußball, Fußball, Fußball“, erklärt er.

Nach der Fast-Blamage beim 2:2 in der dritten Runde des FA-Cups beim Viertligisten Exeter stöhnte Klopp über das anstehende Wiederholungsspiel: „Ich kann nicht glauben, dass wir noch ein Spiel mehr haben.“ Auf der Insel möchte das niemand hören. „Das ist doch für die Clubs heute kein Problem mehr. Man muss sich den Gegebenheiten anpassen“, hielt Arsenal-Coach Wenger dagegen.