100 Tage vor der Fußball-EM 2012

Warschau (dpa) - Am 8. Juni startet die Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine. Am Mittwoch sind es noch genau 100 Tage bis zur Turnier-Ouvertüre. Die beiden Ausrichterländer preisen ihre Fortschritte, doch noch ist längst nicht alles EURO-tauglich.

Die Skepsis im Westen ist noch nicht gewichen. Auch 100 Tage vor dem ersten sportlichen Großereignis im ehemaligen Ostblock seit dessen Zerfall sorgen immer wieder neue Negativnachrichten für Misstöne. Am 8. Juni wird die EURO im Nationalstadion von Warschau feierlich eröffnet. Dabei steht der Schauplatz der Turnier-Ouvertüre zwischen Polen und Griechenland sinnbildlich für all die kleinen und großen Probleme, mit denen beide Gastgeberländer zu kämpfen hatten und haben.

Die Arena in der polnischen Hauptstadt hätte eigentlich im Herbst 2011 fertig sein sollen, am 6. September sollte die deutsche Nationalmannschaft hier zu einem Testspiel gegen Polen auflaufen. Das Spiel musste nach Danzig verlegt werden, weil die Arena noch nicht länderspieltauglich war. Ende Januar feierte der Co-Gastgeber mit Feuerwerk und Konzert eine Eröffnungsparty unter dem Motto „Oto jestem“ („Hier bin ich“) - nachdem die Stadtverwaltung wegen Sicherheitsbedenken erst zwei Tage zuvor ihr O.k. gegeben hatte.

Zwei Wochen später allerdings konnte das Supercup-Spiel zwischen Legia Warschau und Wisla Krakau nach Intervention der Polizei ebenfalls wegen Sicherheitsbedenken nicht angepfiffen werden. Jetzt scheinen jedoch alle Mängel behoben: Am Mittwoch, exakt 100 Tage vor Turnierstart, empfängt das Team der Dortmunder Bundesliga-Profis Jakub Blaszczykowski, Lukasz Piszczek und Robert Lewandowski den deutschen Gruppengegner Portugal im Nationalstadion.

„Wir haben in den kommenden drei Monaten noch viel zu tun“, sagte UEFA-Turnierdirektor Martin Kallen Anfang der Woche bei einer Visite in Kiew. „Aber die Vorbereitungen sind unter vollständiger Kontrolle der Organisatoren. Die Vorbereitungen schreiten voran, und wir freuen uns auf den Start der EM“, ergänzte der erfahrene Turniermacher der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Die Vorfreude auf die kontinentalen Titelkämpfe ist allerdings nicht ungeteilt.

Angst vor gewalttätigen Fans vor allem in Polen, horrende Hotelpreise vor allem in der Ukraine, schlechte Straßen- und Transportverhältnisse in beiden Ländern schrecken viele Fans von Reisen in die EURO-Länder ab. In Polen werden wichtige Autobahnabschnitte nicht rechtzeitig fertig. Auch die Erneuerung von Bahnhöfen und der U-Bahn-Bau in Warschau sind noch unsicher.

In den vier ukrainischen EM-Orten Lwiw (Lemberg), Kiew, Charkow und Donezk liegen die Preise für Unterkünfte während der Zeit vom 8. Juni bis zum 1. Juli um das Fünf- bis Zehnfache über dem sonstigen Niveau. Sogar Vizepremier Boris Kolesnikow riet Fans, nur zu den Spielen in die Ukraine zu fliegen und Übernachtungen zu vermeiden.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die Stadien in Kiew und dem etwa 550 Kilometer westlich gelegenen Lwiw wurden nach Verzögerungen fristgerecht fertig. Die neuen Terminals in Lwiw und dem etwa 700 Kilometer östlich von Kiew gelegenen Donezk durchlaufen gerade letzte Tests. Damit sind zum EM-Start alle Stadien und Flughäfen ausgebaut.

Für die Zugverbindungen zwischen den vier Austragungsorten sind sechs moderne Zugsysteme aus Südkorea vorgesehen - diese befinden sich noch auf dem Seeweg in die Ukraine. Ab dem 15. Mai stellt die Staatsbahn den Fahrkartenverkauf über eine in englischer Sprache verfügbare Internetplattform in Aussicht. So mutete die Aussage Kolesnikows am Montag recht optimistisch an, als er sagte: „Beide Länder sind praktisch bereit für das Turnier.“

Im Vergleich der beiden Ausrichterländer scheint die Ukraine das noch größere Imageproblem zu haben als der Nachbar Polen. Wenig überraschend: Von den 16 EM-Startern entschieden sich 13 für ein Quartier in Polen. Darunter auch die DFB-Elf - obwohl sie für alle drei Vorrundenspiele dann von Danzig in die Ukraine fliegen muss.