Alfedo Di Stéfano: Eine Legende für die Ewigkeit
Madrid (dpa) - Alfredo Di Stéfano wollte immer nur eines: Fußball spielen und Tore schießen. „Fußball ohne Tore ist wie ein Tag ohne Sonne“ war einer seiner Leitsprüche. Und Di Stéfano kickte nahezu in Vollendung.
Der in Argentinien geborene Stürmer und spätere Spanier war der größte Fußball-Star der 1950er Jahre, begründete als unumstrittener Chef von Real Madrid den bis heute andauernden Mythos des „weißes Balletts“. Nun trauern nicht nur die „Königlichen“ um ihren Helden, sondern die gesamte Fußball-Welt: Di Stéfano starb am Montag - nur drei Tage nach seinem 88. Geburtstag an den Folgen eines Herzinfarkts.
Der Ausnahmekönner wird bei Real als „Clubheiliger“ verehrt. Er sei der erste Mensch gewesen, den der Fußball zum globalen Medienereignis gemacht habe, obwohl es noch keine Satellitenübertragungen gab, schrieb einst die „Süddeutsche Zeitung“. Sein Name war von solcher Bedeutung, dass ihn 1963 in Caracas eine linksextreme Gruppe für drei Tage entführte, um ihre Anliegen weltweit bekanntzumachen.
„Im Fußball verleiht dir nur die Schnelligkeit eine höhere Dimension“, sagte Di Stéfano. Und er war so schnell, dass ihm der Spitzname „Der blonde Pfeil“ (La Saeta Rubia) verpasst wurde. Di Stéfano verband die spielerische Leichtigkeit eines Franz Beckenbauer mit der Torgefährlichkeit eines Gerd Müller. „Di Stéfano ist der kompletteste Spieler, den ich je gesehen habe“, würdigte der frühere Bundestrainer Sepp Herberger einst dessen Fähigkeiten.
Mit seiner spielerischen Eleganz wurde er zum Synonym für Reals „weißes Ballett“, das Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre den europäischen Fußball dominierte und fünfmal in Serie den Europapokal der Landesmeister gewann. Er spielte nominell als Mittelstürmer, aber er zog auch die Fäden im Mittelfeld. Di Stéfano war auch die Hauptfigur im legendären Europacup-Finale von 1960, das Madrid 7:3 gegen Eintracht Frankfurt gewann. Er erzielte in dieser Partie drei Treffer. Auch bei den anderen vier Siegen Reals traf er ins Tor.
Seine Karriere begann 1943 bei River Plate in Buenos Aires. Über Bogotá in Kolumbien gelangte er nach Spanien. Sein Wechsel wurde zu einem Politikum. Die Erzrivalen Real und FC Barcelona lieferten sich ein erbittertes Tauziehen um den Ausnahmefußballer. Barça war zunächst schneller. Di Stéfano trainierte bereits mit den Katalanen, da machte doch noch Real das Rennen. Die Barça-Fans meinen heute noch, dass die Franco-Diktatur damals ihre Finger im Spiel hatte.
1957 und 1959 wurde Di Stéfano als Europas „Fußballer des Jahres“ ausgezeichnet und belegte bei der FIFA-Wahl zum „Weltfußballer des Jahrhunderts“ hinter Pelé, Johan Cruyff und Franz Beckenbauer den vierten Platz, noch vor Maradona und Eusébio. Doch als einziger Großer des Weltfußballs nahm Di Stéfano, der Länderspiele für Argentinien, Kolumbien und Spanien bestritt, nie an einer WM teil. 1958 verpasste Spanien die Qualifikation, 1962 war der Star verletzt.
Don Alfredo gewann insgesamt 14 nationale Meisterschaften und wurde zehnmal in verschiedenen Ligen und Wettbewerben Torschützenkönig. Er schoss in mehr als 600 Spielen für Real über 400 Tore und wurde mit den „Königlichen“ zwischen 1954 und 1964 achtmal spanischer Meister. Für Spanien schoss er in 31 Länderspielen 23 Tore. Zu Di Stéfanos Abschiedsspiel 1967 kamen 130 000 Fans ins Bernabéu. 2000 wurde er bei Real zum Ehrenpräsidenten ernannt wie 2008 von der UEFA.
Di Stéfano war ungemein selbstdiszipliniert, sorgte außerhalb des Spielfelds nie für Schlagzeilen. Dennoch galt er menschlich als schwierig. Seine Mitspieler hatten zuweilen unter seinen Allüren zu leiden, weil er keinen Superstar neben sich duldete. Die Madrilenen erlebten ihn im Alter als wortkarg und mürrisch.
„Der Fußball hat mir alles gegeben. Ich habe ihn immer als Mannschaftsspiel verstanden und deutlich gemacht, dass ich nicht vergöttert werden will, sondern spielen“, sagte Di Stéfano. Als in Madrid eine Bronze-Statue von ihm enthüllt wurde, meinte er mit Blick auf die anderen Real-Veteranen: „Sie beschämt mich. Wenn ich könnte, würde ich die Ehrung in Teile schneiden und unter ihnen verteilen.“
Als Trainer feierte er einige Erfolge, wurde mit Boca Juniors und River Plate argentinischer Meister, holte mit dem FC Valencia 1971 den Titel in Spanien und gewann 1980 den Europacup der Pokalsieger. Aber er erlebte auch bittere Reinfälle. Sein autoritärer Stil kam bei den Spielern häufig nicht gut an. Auf seiner ersten Trainerstation beim FC Elche erlitt er kläglich Schiffbruch. Bei Sporting Lissabon wurde er nach nur 40 Tagen entlassen.