Belgien sagt Training ab: „Fußball heute nicht wichtig.“
Berlin (dpa) - Der Terror hat den Fußball vor der Rückkehr von EM-Gastgeber Frankreich ins Stade de France wieder eingeholt. Der Weltranglistenerste Belgien sagte unmittelbar nach den Anschlägen in Brüssel seine erste Trainingseinheit seit der Zusammenkunft in der belgischen Hauptstadt ab.
Die Behörden gingen insgesamt von mehr als 30 Toten und Dutzenden Verletzten aus. Man sei mit den Gedanken bei den Familien der Opfer und allen belgischen Freunden, twitterte die französische Nationalmannschaft.
Das Testspiel der Belgier am kommenden Dienstag, wenn Frankreich fast zeitgleich erstmals nach den Terrorattacken vom 13. November 2015 wieder im EM-Eröffnungs- und Finalstadion in Saint-Denis antreten will, ist fraglich. Gegner Portugal setzte sich bereits mit den belgischen und internationalen Behörden in Verbindung. Man werde so schnell wie möglich in den kommenden Tagen darüber informieren“, hieß es laut der Zeitung „Het laaatste nieuws“ vom belgischen Verband.
„Unsere Gedanken sind bei den Opfern“, twitterte die belgische Nationalmannschaft: „Der Fußball ist heute nicht wichtig.“ Unschuldige Menschen würden wieder den Preis bezahlen, meinte der verletzte Kapitän Vincent Kompany. „Ich wünsche mir, dass Brüssel mit Würde reagiert. Wir sind alle verletzt, dennoch müssen wir Hass und seine Prediger zurückweisen. So hart es auch sein mag.“
Ex-Bundesliga-Profi Kevin De Bruyne, der ebenfalls verletzungsbedingt der Nationalmannschaft fehlt, twitterte in den belgischen Nationalfarben ein Goldenes Herz vor einem schwarz-roten Hintergrund. „Unglaublich!#PrayforBelgium“ schrieb er darüber.
Um 16.30 Uhr sollten die Fans ihre Idole eigentlich beim öffentlichen Training im Stade Roi Baudouin von Brüssel beobachten dürfen. Das Stadion liegt außerhalb des Zentrums, wo sich in einer Metrostation nahe der EU-Gebäude Explosionen ereigneten. Der Flughafen Zaventem, wo zwei Explosionen Menschen tötete, ist etwa 15 Kilometer entfernt.
Nachdem die Terrorwarnstufe in Belgien auf die höchste Stufe angehoben wurde, kam die gesamte Stadt praktisch zum erliegen. An Fußball dachte niemand. Dass die Belgier mit dem möglichen sechsten Sieg in Serie ihr Selbstvertrauen für die EM-Aufgaben weiter stärken könnten, war nur noch Nebensache. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und deren Familie“, twitterte Nationalkeeper Thibaut Courtois.
Die nächste wichtige Testphase vor der EM steht unter dem Eindruck des Terrors und der Angst. So wie nach dem Anschlägen in Paris und am Rande des Spiels der Franzosen gegen Deutschland Mitte November, als 130 Menschen getötet worden waren. Am Dienstag steht für Gastgeber Frankreich die Rückkehr ins Stade de France an, Gegner wird Russland sein. Am Freitag testet die Équipe tricolore zuvor in Amsterdam gegen die Niederlande.
Die Sicherheitsvorkehrungen wurden in Frankreich bereits noch einmal drastisch erhöht. Innenminister Bernard Cazeneuve betonte, dass die Anschläge in Brüssel noch einmal daran erinnern würden, dass „ein sehr hohes Sicherheits-Niveau“ bei der EM notwendig sein wird.
Auch das deutsche Team wird zum Start der Vorbereitung auf die ersten Länderspiele im EM-Jahr gleich wieder verstärkt mit dem Thema Sicherheit konfrontiert. „Wir werden uns natürlich als Sportliche Leitung zusammensetzen und überlegen, wie wir damit auf die Mannschaft zugehen“, erklärte Mananger Oliver Bierhoff am Dienstag in Berlin. Die Duelle mit England am Samstag in der deutschen Hauptstadt und am Dienstag in München gegen Italien gehören zu den Klassikern des europäischen Fußballs.
So wie das Aufeinandertreffen von Italien und EM-Titelverteidiger Spanien am Donnerstag oder England und den nicht für die EM qualifizierten Niederländer am Dienstag. Inwiefern die Attacken diese Planungen nun beeinflussen, bleibt abzuwarten. Alle Beteiligten dürften weniger als drei Monate vor dem EM-Eröffnungsspiel im Stade de France der Franzosen gegen Rumänien am 10. Juni mit einem mulmigen Gefühl antreten.