Blatter gibt Katar Garantieschein - Termin ungeklärt
Zürich (dpa) - Trotz der Berichte über menschenunwürdige Zustände auf den WM-Baustellen hat Joseph Blatter dem Golfstaat Katar einen Garantieschein für die Endrunde 2022 ausgestellt - nur der genaue Termin bleibt noch für lange Zeit ein Rätsel.
Eine Neuvergabe des hochumstrittenen Turniers am Golf wird es nicht geben, das stellte der Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA klar. Das Exekutivkomitee rang sich nach seiner zweitägigen Sitzung lediglich zu einer Task Force für den bestmöglichen Termin durch. Demnach kann es noch bis 2015 dauern, ehe die endgültige Entscheidung über eine Winter-WM fällt.
Den aktuellen Problemen - auf den WM-Baustellen war es in der Vergangenheit zu zahlreichen Todesfällen gekommen - will Blatter mit einem Höflichkeitsbesuch beim Emir in Katar begegnen. Mehr nicht. „Es tut uns sehr leid, was passiert ist. In jedem Land kann es geschehen, dass es Todesfälle auf den Baustellen gibt. Wer ist verantwortlich? Die Verantwortung der Arbeitsrechte in Katar ist eine Verantwortung der Unternehmen. Eine Intervention kann nur durch Katar erfolgen“, sagte Blatter auf einer Pressekonferenz in Zürich.
Die englische Tageszeitung „Guardian“ hatte in der vergangenen Woche einen alarmierenden Bericht über die Arbeitsbedingungen in Katar veröffentlicht. Rund 44 nepalesische Gastarbeiter seien demnach in nur zwei Monaten wegen Herzinfarkts oder Arbeitsunfällen gestorben. Von Zwangsarbeit und unmenschlichen Bedingungen war die Rede.
Der Schweizer werde mit einer Delegation des Exekutivkomitees nach Katar reisen und den neuen Emir treffen. Sportpolitischen Druck will er dabei aber nicht ausüben. „Wir werden ihnen bestätigen, dass die WM 2022 in Katar stattfindet und wir werden über Arbeitsbedingungen sprechen.“ Die FIFA habe aber 209 Mitgliedsverbände und könne nicht in diese Sachen eingreifen.
In Katar gebe es auch viele europäische Unternehmen. „Es darf uns nicht gleichgültig sein, aber es ist nicht die Kontrollaufgabe der FIFA“, ergänzte Blatter. Damit nimmt sich die FIFA wie schon bei den Problemen bei der WM 2010 in Südafrika oder jüngst beim Confederations Cup in Brasilien aus der Verantwortung.
Die Worte Blatters dürften von Gewerkschaftsverbänden und Menschenrechtsorganisationen alles andere als wohlwollend aufgenommen werden. Sportpolitischer Druck auf den „Sklavenhändler-Staat“, wie Sharan Burrow vom Internationalen Gewerkschaftsbund ITUC über den Golfstaat einst urteilte, dürfte so kaum mehr möglich sein.
Verantwortlich fühlt sich die FIFA lediglich für die Terminierung, und die soll entgegen des ursprünglichen Wunsches von Blatter nach einer sofortigen Festlegung auf eine Winter-WM gut überdacht werden. „Wir werden ein Konsultierungsverfahren mit allen Beteiligten in die Wege leiten. Das wird nach der WM 2014 abgeschlossen sein. Dann können wir mit Gewissheit sagen, welches der geeignete Zeitpunkt ist“, ergänzte Blatter. Eine endgültige Entscheidung könne Ende 2014 oder Anfang 2015 fallen. Bis dahin sollen Spieler, Vereine, Ligen, Verbände, Sponsoren und Medien bei dem Entscheidungsprozess gehört werden.
Eine Sommer-WM hält Blatter nach wie vor für „keine gute Idee, weil es im Juni/Juli sehr heiß ist“. Laut Statuten sei eine Verlegung möglich. Der Termin im Sommer sei eine „Kann- und keine Muss-Formulierung“, sagte Blatter. Man werde nun sorgfältig und diplomatisch vorgehen.
Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zeigte sich zufrieden. „Ich begrüße die Entscheidung der FIFA und von Sepp Blatter, in aller Ruhe ein Konsultierungsverfahren durchzuführen und mit allen Beteiligten und Betroffenen über das Datum der WM 2022 zu sprechen“, teilte Rummenigge, der zugleich Präsident der europäischen Club-Vereinigung ist, auf dpa-Anfrage mit.
Scheich Salman bin Ibrahim al Khalifa, Präsident der asiatischen Fußball-Konföderation, soll in der Task Force eine entscheidende Rolle einnehmen. Laut Informationen der BBC soll auch Premier-League-Chef Richard Scudamore bei der Terminfindung einbezogen werden. Besonders aus der englischen Liga hatte sich zuletzt grundsätzlicher Widerstand gegen eine Verlegung vom Sommer in den Winter formiert. Die Deutsche Fußball Liga hatte kürzlich vor einem Schnellschuss gewarnt.
Die genaue Terminfindung gestaltet sich schwierig. Mit einer WM im Januar/Februar käme die FIFA den Olympischen Winterspielen 2022 in die Quere. Bei einem Termin im November/Dezember, den FIFA-Chef Blatter befürwortet, wären die europäischen Ligen die Hauptleidtragenden. Insbesondere die Engländer, die auf ihren Spieltag am Boxing Day, dem 26. Dezember, nicht verzichten wollen.