Brasilien vor WM-Ouvertüre - Löw gespannt auf Auslosung

Costa do Sauípe (dpa) - Am Flughafen von Salvador da Bahia sind die Türen zur Eingangshalle bunt beklebt. „Welcome, Bem-Vindo“ zur Auslosung für die Fußball-WM 2014 ist in großen Buchstaben auf die Plakate gedruckt.

Nur wenige Meter entfernt steht ein gelbes Metallschild mit der Aufschrift „Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Wir bauen gerade einen neuen Flughafen“.

Die ganze Welt schaut nach Brasilien, wo am Freitag im Urlaubsort Costa do Sauípe, rund 75 Kilometer nördlich von Salvador am Atlantik gelegen, die Gruppen für die WM im kommenden Sommer ausgelost werden. Zumindest während der 90-minütigen Loszeremonie soll nicht über das Stadionunglück von São Paulo, die Probleme bei anderen Arenen oder die drohenden Proteste der WM-Gegner diskutiert werden. Brasilien will sich trotz aller Baustellen und Negativ-Schlagzeilen als fröhlich-freundlicher Gastgeber präsentieren.

„Die Auslosung ist viel mehr als eine FIFA-Veranstaltung. Es ist ein globales Schaufenster für das ganze Land, eine finale Vorschau, eine einzigartige Werbung und der Auftakt für die WM“, schrieb FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke an die Fußball-Welt. Was früher noch als profaner technisch-juristischer Akt abgehandelt wurde, ist längst zu einem Hochglanz-Spektakel geworden. Ex-Stars wie Lothar Matthäus, Zinedine Zidane oder Pelé werden in dem für 14 Millionen Reais (4,5 Mio Euro) extra errichteten Veranstaltungszentrum („Arena Sauípe“) als prominente Auslosungsassistenten viel beachtete Hauptrollen spielen.

Sommer, Sonne und Strand, fröhlich-lächelnde WM-Stars vergangener Tage, hoffnungsfroh-lächelnde oder verbittert-zerknirschte Nationaltrainer - das sind die Bilder, die die PR-Strategen der FIFA und des lokalen Organisationskomitee (LOC) in die Welt senden wollen.

Die Stadion-Katastrophe in São Paulo passte den WM-Machern und FIFA-Funktionären überhaupt nichts ins Konzept. Zwei Menschen starben, als am Mittwoch vergangener Woche ein Kran zusammenbrach und Teile der Arena schwer beschädigte. Seitdem vergeht kaum ein Tag ohne neue Spekulationen und Mutmaßungen. Sogar über eine Verschiebung des für den 12. Juni angesetzten WM-Eröffnungsspiels von São Paulo in eine andere Stadt wurde in zahlreichen Medien diskutiert. Selbst ein Mitglied der FIFA-Exekutive, der Belgier Michel D'Hooghe, heizte die Debatte zusätzlich an. São Paulo sei nach dem Unglück zu einem „Zweifelsfall“ geworden, sagte er im belgischen Radio 1.

Dabei ist die Sache klar: Der Weltverband (FIFA) will die Untersuchungsergebnisse abwarten und erst dann eine detaillierte Stellungnahme zum Unfall und den Konsequenzen daraus abgeben. Vielleicht am Dienstag, eher aber am Mittwoch ist mit offiziellen Expertisen zu rechnen. Eine Verlängerung der Frist für die Übergabe des Stadions in São Paulo scheint unausweichlich.

Am Montag wurde nach der mehrtägigen Trauerpause im WM-Stadion von São Paulo wieder gebaut. Die Baufirma versicherte, dass an den Tribünen im „Itaquerão“ keine strukturellen Schäden entstanden seien. Der Zeitdruck ist aber enorm gewachsen. Die Corinthians Arena sollte - wie noch fünf andere der insgesamt 12 WM-Stadien - bis Ende Dezember abgeliefert werden. Dieser Zeitplan ist jetzt jedoch kaum noch einzuhalten. Nach Medienberichten wird die Abgabe vermutlich um mindestens einen Monat verschoben.

Die FIFA will alles daran setzen, das Eröffnungsspiel von Gastgeber Brasilien in São Paulo auszutragen. Deshalb soll die Metropole am Freitag um 17.00 Uhr MEZ, wenn Matthäus & Co. die Kugeln ziehen und anschließend ein Tableau auf den TV-Schirmen erscheint, auf jeden Fall auch als Gastgeberstadt Nummer eins erscheinen.

Bundestrainer Joachim Löw dürfte als Auslosungsgast vor allem den sportlichen Aspekt im Kopf haben. Das wie Deutschland als Gruppenkopf gesetzte Brasilien scheidet als Vorrundengegner aus. „Wir nehmen es, wie es kommt“, sagte Löw vor seiner zweiten Dienstreise ins WM-Land - trotz der drohenden Duelle gegen Kaliber wie Italien, Frankreich oder die Niederlande. Ohnehin könne sich keine Mannschaft einen geruhsamen Auftakt leisten, betonte Löw, der schon beim Confed Cup die besonderen Bedingungen studierte: „Beim Turnier muss man sieben Spiele auf einem Topniveau sein und darf sich keine Schwächephase erlauben.“

Die besten sieben Nationen der Oktober-Weltrangliste werden neben Brasilien im Lostopf der Gruppenköpfe liegen: Spanien, Deutschland, Argentinien, Kolumbien, Belgien, die Schweiz und Uruguay. Andere Top-Nationen wie Vize-Weltmeister Niederlande, 2006-Weltmeister Italien oder England müssen in den Europa-Topf und könnten somit zu deutschen Gruppengegnern werden. Läuft es für Deutschland günstig, ist aber auch eine viel leichtere Gruppe drin, mit Gegnern wie Griechenland, Algerien und dem Iran oder Bosnien-Herzegowina, Chile und Australien.