Bulgariens Ex-Regierungschef debütiert als Fußballer

Sofia (dpa) - Die Fußball-Welt wunderte sich. Bulgariens Ex-Regierungschef Boiko Borissow als Fußball-Profi? Der 54-Jährige gab im Trikot des bulgarischen Zweitligisten Witoscha (Bistriza) tatsächlich sein Liga-Debüt.

Borissow hielt in Sofias Stadion Lokomotiw beim 0:0 gegen Widima Rakowski bis zu seiner Auswechslung in der 54. Minute sogar ganz gut mit. Mit der Nummer 13 versuchte sich der kräftig gebaute Borissow bei seinem Lieblingsclub als Mittelstürmer - und durfte sich nach der Partie als ältester Fußball-Profi Europas feiern lassen.

Offensichtlich wollte sich Borissow damit nur einen Jugendtraum erfüllen. Offizielle Stellungnahmen gab es nicht. Mit einer Fortsetzung seiner Fußball-Karriere wird in Bulgarien nicht gerechnet. Schließlich beginnt in einer Woche die politische Saison mit der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause - und vor dem passionierten Kicker liegen als Gründer und Chef der bis Februar regierenden bürgerlichen Partei GERB zahlreiche Herausforderungen. Die Opposition fordert den Rücktritt der aktuellen Regierung und eine weitere Neuwahl. Da bleibt kaum Zeit für sein Hobby.

Trotzdem listete ihn das populäre bulgarische Sportportal Sportni.bg. unter den „ältesten Top drei des Weltfußballs“ auf - zusammen mit dem Mexikaner Salvador Reyes und dem Brasilianer Pedro Ribeiro Lima. Für die vielen regierungstreuen Medien in Bulgarien war Borissows Auftritt als Fußball-Profi vorerst nur ein kleines Randthema. Der konservative Politiker ist der größte politische Gegner der regierenden Sozialisten, die Ende Mai ein Koalitionskabinett mit der Türkenpartei gebildet haben.

Der von Verehrern „Bat' Boiko“ (Bruder Boiko) genannte Borissow ist für seine vielen Wandlungen weit über die Grenzen seines Landes bekannt. Der ehemalige Feuerwehrmann war nach der politischen Wende Leibwächter des früheren kommunistischen Diktators Todor Schiwkow und auch von Ex-König Simeon II.. Seine politische Karriere entwickelte sich sprunghaft. Im Innenministerium die Nummer zwei hinter dem Minister wurde er schnell Bürgermeister der Hauptstadt Sofia und schaffte dann sogar den Aufstieg zum Regierungschef des EU-Landes.

Bereits in seiner Freizeit als Ministerpräsident hatte Borissow gerne bei seinem Lieblingsteam Witoscha (Bistriza) mitgespielt. Er ließ die „Tiger von Bistriza“, so der Spitzname des Teams, auch mit der Regierungsmaschine fliegen, was inzwischen zu einem Fall für die staatliche Ermittlung geworden ist. Borissow blickt dem Ganzen gelassen entgegen und nutzt jede Gelegenheit, seine Leidenschaft für den Fußball zu bekunden. Noch als kleiner Junge in Bankja habe er mit „einem Schmalzbrot in der Hand und mit abgetragenen Turnschuhen“ gekickt, sagt er immer wieder.

Unmittelbar nach dem Rücktritt seiner Regierung im Februar musste der Politiker im Regierungskrankenhaus in Sofia wegen Bluthochdrucks behandelt werden. Bei seiner Aufnahme als Profi-Spieler bei Witoscha (Bistriza) soll er aber in ausgezeichneter körperlicher Verfassung gewesen sein, schrieben die Medien. Eine gute Kondition wird er bei seinen anstehenden politischen Kämpfen aber auch benötigen.