Clásico im Schatten der Champions League
Barcelona (dpa) - Zinédine Zidane drückt Luis Enrique die Hand ins Gesicht, der Spanier fasst den Franzosen an den Hals. Die heutigen Trainer von Real Madrid und des FC Barcelona trugen damals noch als Fußballer die Trikots ihrer Vereine.
Sie waren 2003 in einem Clásico so hart aneinandergeraten, dass ihre Mitspieler eingreifen mussten, um eine handfeste Rauferei zu verhindern. 13 Jahre später stehen Zidane und Luis Enrique sich als Trainer von Real und Barça in einem Schlagerspiel der besonderen Art gegenüber.
„Zizou“ feiert in der Partie an diesem Samstag im Camp-Nou-Stadion sein Debüt als Trainer in einem Clásico. Er ist um die Aufgabe nicht zu beneiden: Seine Vorgänger Juande Ramos, Manuel Pellegrini, José Mourinho, Carlo Ancelotti und Rafael Benítez erlitten bei ihren Clásico-Premieren teils herbe Reinfälle. Bernd Schuster war der letzte Real-Trainer, der in seinem ersten Derby gegen die Katalanen einen Sieg davontrug. Und das ist mehr als acht Jahre her.
Die Ausgangsposition für Zidane ist denkbar schlecht: Real liegt in der Primera División zehn Punkte hinter dem Tabellenführer Barça zurück. Selbst im Fall eines Sieges hätten die Königlichen in den ausstehenden sieben Runden kaum Chancen, dem Erzrivalen den Titel noch streitig zu machen. Für die Madrilenen wird es daher vor allem um die Ehre gehen. Zudem hoffen sie darauf, dass ein Erfolg in Barcelona ihr Selbstvertrauen für das Champions-League-Spiel vier Tage später beim VfL Wolfsburg stärkt.
Der Clásico steht in einem doppelten Schatten. Auf der einen Seite konnten Barça und Real sich auf das Duell kaum vorbereiten, weil ihre Spieler bis vor kurzem in verschiedenen Teilen der Welt für Nationalmannschaften im Einsatz waren. Auf der anderen Seite stehen in der kommenden Woche die Viertelfinal-Hinspiele im europäischen Elite-Wettbewerb an. Der FC Barcelona empfängt bereits am Dienstag Atlético Madrid.
Luis Enrique und Zidane stehen daher vor der Frage: Was ist wichtiger, der Clásico oder die Champions League? Die Trainer könnten geneigt sein, im Spiel Barça-Real angesichts der Zehn-Punkte-Differenz ihre wichtigsten Kräfte zu schonen. Aber solche Erwägungen verbieten sich eigentlich, dafür ist der Clásico in Spanien zu wichtig und zu prestigeträchtig. „Das wird eine Super-Partie“, prophezeit Barça-Kapitän Andrés Iniesta. „Wir schauen nicht auf die Punkte, sondern wollen einfach nur gewinnen.“
Im Clásico geht es nicht nur um das Prestige der zwei spanischen Spitzenclubs, sondern es stehen sich auch die wohl besten Angriffsreihen der Welt gegenüber - abgekürzt MSN und BBC. Das Kürzel MSN steht für Lionel Messi, Luis Suárez und Neymar, BBC für Gareth Bale, Karim Benzema und Cristiano Ronaldo.
Weltfußballer Messi dürfte ganz besonders motiviert sein: Der Argentinier kann im Clásico das 500. Pflichtspieltor in seiner Karriere erzielen. „Das wäre ein schönes Szenario“, sagte er. Kurzen Zweifel gab es am Einsatz von Toni Kroos. Der 26-Jährige brach am Freitag das Training ab. „Er wird aber in der Startelf stehen“, sagte Zidane. Es habe nur einen kurzen Schreckmoment gegeben.
Der FC Barcelona will den Clásico auch dazu nutzen, sein vor gut einer Woche gestorbenes Idol Johan Cruyff zu ehren. Und ein Sieg über den Erzrivalen wäre eine ganz besondere Ehrerbietung für den Niederländer, der den Fußballstil der Katalanen geprägt hatte wie kein anderer.