Confed Cup macht Lust auf Zuckerhut-WM

Rio de Janeiro (dpa) - Tempo, Tore, Perfektion: Nach der Rückkehr aus Brasilien wird sich Joachim Löw so seine Gedanken machen. Was der Bundestrainer auf der Inspektionsreise zum Confed Cup zu sehen bekam, war nicht zu erwarten gewesen.

Entgegen aller Prognosen hat sich der Testlauf für die WM 2014 in Brasilien trotz Hitze und Reisestrapazen zu einem Topturnier entwickelt - mit Fußball auf allerhöchstem Level. „Ich bin insgesamt beeindruckt von dem Niveau einiger Mannschaften beim Confed Cup am Ende einer langen Saison“, sagte Löw.

Einen Vorgeschmack auf die WM im kommenden Sommer bieten gerade die Top-Teams, die die deutsche Nationalmannschaft 2014 bezwingen will. Und den Stempel drücken die Topstars auf: Von Neymar über Mario Balotelli und Andrea Pirlo, bis Fernando Torres und Diego Forlan. Allein die Halbfinal-Besetzung verdeutlicht die Qualität des bislang besten Confed Cups: Rekord-Weltmeister, Premieren-Weltmeister, Vierfach-Weltmeister und aktueller Weltmeister: Viel mehr geht nicht.

Wenn die Kontinental-Duelle zwischen Brasilien und Uruguay (Mittwoch) sowie Italien und Spanien (Donnerstag) anstehen, ist mit einer Fortsetzung des Gourmet-Fußballs zu rechnen, den Experten angesichts der klimatischen wie logistischen Bedingungen am Zuckerhut eigentlich für unmöglich gehalten hatten. „Ich glaube, dass die Bedingungen in Brasilien das Tempo bestimmen werden. Man wird nicht viel Pressing sehen“, sagte der ehemalige Liverpool-Coach Gerard Houllier als Mitglied der Technical Study Group der FIFA.

Von Ballgeschiebe war in der Vorrunde aber nichts zu sehen. Taktisch klug nahmen sich alle Teams immer wieder kleine Auszeiten. Doch gewonnen wurden die Partien durch schnelle Angriffe mit technischer Raffinesse. „Voraussetzung ist auf jeden Fall eine sehr gute körperliche Verfassung der Spieler. Aber ich habe hier Teams auf einem hohen Niveau spielen sehen - Spanien, Brasilien, Italien, Uruguay, auch Mexiko“, sagte Löw.

Die Zahlen sprechen eine attraktive Sprache. Schon nach der Gruppenphase ist mit 58 Toren der Rekord vom Confed Cup 2005 in Deutschland gebrochen. Selbst wenn man die 24 Gegentore der Amateure aus Tahiti aus der Wertung nimmt, bleibt ein Schnitt von fast drei Treffern pro Spiel. Entschieden werden die Spiele in der Offensive. Kein Team blieb in der Vorrunde ohne Gegentor. Die Squadra Azzura kassierte sogar deren acht. „Italien spielt ohne Abwehr“, kritisierte „Tuttosport“. Der Einzug ins Semifinale gelang dennoch.

Die Taktik ist eindeutig. Wann immer und so lange es geht, soll mit hohem Tempo gespielt werden, auch wenn alle Teams nicht das Turbo-Pressing á la Borussia Dortmund zeigen können. „Die Belastungen sind extrem hoch“, sagte Spaniens Weltmeister-Coach Vicente del Bosque nach dem Hitzespiel gegen Nigeria in Fortaleza.

Wie seine Kollegen Luiz Felipe Scolari (Brasilien) und Cesare Prandelli (Italien) nutzte er in allen Spielen sein Wechselkontingent komplett. Auch Disziplin ist ein Faktor, der Kräfte schonen hilft. Das Resultat: Mit nur 34 Gelben Karten und zwei Gelb-Roten Karten wird ein Tiefstwert seit dem Confed Cup 2001 angesteuert.

Spanien und Italien haben sich offenbar an die Belastungen in Brasilien gut gewöhnt. Prandelli achtete strikt darauf, dass seine Spieler nach einer kräftezehrenden Saison auch ihre Pausen hatten. Die Bilder vom Ausflug zur Christus-Statue auf den Corcovado oder den Badespaß am Strand von Rio verdeutlichten dies.

Und doch sind zwei südamerikanische Mannschaften im Halbfinale ein Indiz dafür, dass es wie in der WM-Geschichte üblich wieder einen Vorteil für die Teams des Heimkontinents gibt. Alle vier WM-Turniere in Südamerika gewannen bislang Südamerikaner. Bei drei Turnieren in Nord- und Mittelamerika hieß der Sieger entweder Brasilien oder Argentinien.

Und der lange schlafende Riese Brasilien scheint rechtzeitig zum Heimturnier wieder erwacht. „Es ist wirklich auffällig, wie sich die Seleção vor dem Confed Cup präsentiert hat und wie sie jetzt auftritt“, sagt Angreifer Fred. „Wir haben im Moment 70 bis 80 Prozent unseres idealen Niveaus. Aber wir sind jetzt eine Mannschaft, die einen Titel anstreben kann.“ Und das mit attraktivem Fußball.