Der lockere Umgang: Brasilien und die FIFA-Fristen
Rio de Janeiro (dpa) - Die Uhr für den Confederations Cup tickt, die Fußball-Weltmeisterschaft naht, und WM-Gastgeber Brasilien läuft der Zeit hinterher. Immer wieder werden Fristen für die Eröffnung von Stadien verschoben.
Schon längst redet keiner mehr von der „Dead-Line“ der FIFA, die alle sechs Confed-Cup-Stadien im Dezember 2012 fertig sehen wollte. Zwar haben die anderen sechs Arenen, die erst zur WM 2014 genutzt werden, noch mehr Zeit. Doch auch dort läuft offenbar nicht alles rund.
Das Szenario vor Fußball-Weltmeisterschaften ist eigentlich immer gleich. Der Gastgeber stampft neue Stadien aus dem Boden oder modernisiert bereits vorhandene mit Milliarden-Beträgen. Dem WM- Organisator FIFA fällt die unpopuläre Rolle des Kontrolleurs zu, der auf Fristen, Regeln und Standards achten und selbige anmahnen muss. Deshalb rasseln Gastgeber und Organisator immer wieder aneinander. Im Land des Rekord-Weltmeisters ist das nicht anders.
Nur zwei der sechs Confed-Cup-Stadien wurden FIFA-fristgerecht im Dezember 2012 fertig, das Castelão in Fortaleza und das Mineirão in Belo Horizonte. Es folgte im April die Arena Fonte Nova in Salvador. Fast fertig sind die Stadien in Rio, Brasília und Recife. Aber eben nur fast. Rios Maracanã wurde zwar am 27. April mit einer Probepartie inoffiziell eröffnet. Ein zweiter Testlauf wurde aber abgesagt, die offizielle Eröffnung ist am 2. Juni mit der Freundschaftspartie Brasilien-England.
An dem legendären Fußballtempel wird indes weiter gebaut. Die Kosten für den Umbau erhöhten sich inzwischen auf gut über eine Milliarde Reais (454 Mio. Euro). Am Anfang wurde mit 705 Millionen Reais geplant. Auch das Stadion in Brasília soll nach neuerlicher Verschiebung erst am 18. Mai eröffnet werden, 28 Tage bevor dort das Confed-Cup-Eröffnungsspiel angepfiffen wird. Die Arena Pernambuco in Recife wird noch später erst am 24. Mai an die FIFA übergeben.
Kein Wunder also, dass sich bei FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke, der in Brasilien schon mal „Persona non grata“ (Unerwünschte Person) war, die Stirn in Falten legt, denn der Confed-Cup ist die Generalprobe für die WM 2014. „Deshalb wiederhole ich erneut: Für die Fertigstellung der weiteren (sechs) WM-Spielorte gibt es eine strikte Frist: Dezember 2013“, schrieb der Franzose vorige Woche prophylaktisch in seiner Kolumne.
So weit so gut, doch drei Tage später hob der Chefingenieur für das WM-Eröffnungsstadion in São Paulo, Frederico Barbosa, zaghaft den Finger. Die Hauptarbeit an der 45 000 Zuschauer fassenden Arena werde zwar bis 31. Dezember abgeschlossen sein. Aber es könne dann noch zwei Monate länger dauern, bis die geforderten zusätzlichen 17 000 Sitze und provisorischen Tribünen im Itaquerão installiert seien.
Zwar hat in Brasilien kaum jemand wirklich Zweifel daran, dass letztlich 2014 alle Stadien fertig sein werden. Doch Brasilien muss aufpassen, dass sein Image nicht angekratzt wird. Denn Vorbereitung und fristgerechte Ablieferung sind ein Aushängeschild für den Organisationsgrad des WM-Gastgebers.
Die Gründe für die Verzögerungen sind unterschiedlich. Mal legen Streiks die Baustelle lahm, dann werden zusätzliche Arbeiten notwendig oder es drohen Finanzengpässe. All das kostet Zeit.
Kein Grund zum Fingerzeigen, denn selbst in Brasilien sind Schlagzeilen aus dem als „Technik- und Perfektionsland“ bewunderten Deutschland über Verzögerungen bei prominenten Projekten wie Großflughäfen, Bahnhöfen und Konzerthäusern zu lesen. Allerdings schaut auf Brasilien die Welt. Und die Spots gehen am 15. Juni mit Anpfiff des Confederations Cups gnadenlos an.