Die torhungrigen Doggen entzücken Frankreich

Paris (dpa) - Die Grande Nation staunt: Eine Fußball-Mannschaft mit vielen „jungen Wilden“ und nur wenigen Routiniers mischt die Ligue 1 auf. Sensations-Tabellenführer OSC Lille spielt erfolgreich und attraktiv, wird deshalb in Frankreich sogar mit dem FC Barcelona verglichen.

Durch den 2:0-Heimsieg über den FC Toulouse baute das Team aus dem nordfranzösischen Bergbaurevier seine Serie auf 13 Ligaspiele ohne Niederlage aus. Nach der 23. Runde liegt Verfolger Stade Rennes schon fünf, Meister Olympique Marseille sechs Punkte zurück.

„Lille lässt die ganze Welt vor sich niederknien“, titelte die regionale Tageszeitung „Nord Éclair“. Mit 42 Toren hat der Olympique Sport Club die gefährlichste Sturmreihe der Liga. In den vergangenen 20 Partien trafen die Lille-Profis jeweils mindestens einmal ins gegnerische Netz und egalisierten so den Rekord des FC Nantes aus der Saison 1984/85.

Die torhungrigen „Doggen“, wie die Lille-Spieler genannt werden, wollen aber mehr. Diese Saison soll endlich der vierte Meister-Titel her - es wäre der erste seit der Spielzeit 1953/54. „Wir spielen schon zwei oder drei Jahre attraktiven Fußball, richtig belohnt wurden wir dafür aber noch nicht“, hatte das belgische Supertalent Eden Hazard zuletzt gesagt. In der Vorsaison fiel Lille am letzten Spieltag durch ein 1:2 gegen Lorient vom 2. auf den 4. Platz und verspielte so die Teilnahme an der Champions League. „Meine Spieler sind inzwischen reifer“, versichert Trainer Rudi Garcia.

Der 47-Jährige hat eine gute Mischung gefunden. Vorne wirbelt der „Maschinenpistolen-Angriff“ („L'Équipe“) mit Gervinho, Hazard und Moussa Sow die Gegner durcheinander. Vor allem der 20 Jahre alte Hazard, zuletzt zweimal in Serie zum besten Nachwuchsspieler Frankreichs gewählt, beeindruckt Gegner und Experten. „Hazard ist der Star der Zukunft“, urteilte Frankreichs Idol Zinédine Zidane. Hinten sorgen Nationaltorwart Mickaël Landreau, der gegen Toulouse sein 500. Spiel bestritt, und Innenverteidiger Adil Rami für Sicherheit.

Wichtig für den Erfolg der Lillois ist aber auch ein Mann, der selten den Rasen betritt. Der Unternehmer und Filmproduzent Michel Seydoux (63) übernahm 2005 die Präsidentschaft und führte den Verein ohne spektakuläre Einkäufe, dafür aber mit umsichtiger Nachwuchsarbeit nach und nach zurück an die Spitze. „Man darf noch nicht jubeln, Marseille ist gefährlich“, warnt Seydoux vor verfrühter Euphorie. Konkurrenz und Medien sind da weniger vorsichtig. Toulouse-Trainer Alain Casanova überschüttete Lille mit Lob: „OSC hat das Zeug zum Meister.“ Und die Sportzeitung „L'Équipe“ schrieb: „Es wird nicht leicht sein, Lille von der Spitze zu verdrängen.“