Équipe tricolore will gegen England spielen
Clairefontaine (dpa) - Nie war die EM im eigenen Land für Frankreichs Fußballer weiter weg. Die Vorbereitungspartie in England dürfte für die Équipe tricolore vier Tage nach dem Terror von Paris zu einer emotionalen Grenzerfahrung werden.
Nationalspieler Lassana Diarra trauert um eine getötete Cousine. Die gesamte Mannschaft steht wie alle im Land unter Schock. Dennoch wird sie in London antreten.
„Es bleibt trotz allem noch ein letztes Match (in diesem Jahr) zur Vorbereitung“, hieß es auf dem Facebook-Profil des Teams. Man werde „aufrecht und stolz die Farben Frankreichs tragen“.
Alle öffentlichen Aktivitäten waren am Tag nach dem Terror von Paris abgesagt worden. Trainer Didier Deschamps und seine Mannschaft, die das Stade de France in der Nacht gegen drei Uhr verließen, wurden im nationalen Fußball-Zentrum von Clairefontaine abgeschirmt.
Nach Reden war niemandem. Nicht über den 2:0-Sieg gegen Deutschland und damit dem fünften Erfolg im fünften Spiel der EM-Saison. Erst recht nicht über das Spiel gegen England, nicht über den Horror-Abend mit mehr als 120 getöteten unschuldigen Menschen. „Keine Worte für meinen Schock und meine Traurigkeit am Morgen nach dem Attentat“, schrieb Morgan Schneiderlein von Manchester United. „Les Bleus tief im Herzen getroffen“, titelte die „L'Équipe“ über ihren lediglich doppelseitigen Bericht, in dem Taktik, Personal oder sonstiges Sportliches ebenfalls so gut wie keine Rolle spielte.
Auch am Sonntag blieb es ruhig um die Mannschaft, die sich eigentlich weiter auf die Europameisterschaft im kommenden Jahr vom 10. Juni bis 10. Juli einstimmen sollte. Tragischer, grausamer und tiefgreifender hätte dieser Freitagabend 210 Tage vor dem Eröffnungsspiel im selben Stadion im Pariser Vorort Saint-Denis nicht verlaufen können. Die Aufregung um Mittelstürmer und Leistungsträger Karim Benzema wegen dessen Verwicklung in eine Erpressungsaffäre und die Frage, ob Trainer Deschamps womöglich ohne seine etatmäßige Spitze auskommen muss, verlor wie alles andere jede Bedeutung.
Denn auch aus dem 23-köpfigen Kader waren Spieler persönlich von der Attentatsserie betroffen. Diarra wandte sich am Samstagabend mit einer Botschaft via Twitter und Facebook an seine Fans. Mit schwerem Herzen ergreife er das Wort, schrieb Diarra. Sein Cousine, die bei einem der Anschläge ums Leben kam, sei für ihn ein Bezugspunkt gewesen, eine große Schwester.
„In diesem Klima des Terrors ist es für uns alle wichtig, die wir dieses Land mit seiner Vielfältigkeit repräsentieren, das Wort zu ergreifen und vereint zu bleiben gegen einen Horror, der weder Farbe noch Religion hat“, schrieb Diarra. „Lasst uns alle zusammen die Liebe verteidigen, den Respekt und den Frieden.“
Der 30 Jahre alte Profi von Olympique Marseille entschied sich, bei der Mannschaft zu bleiben. Auswahlkollege Antoine Griezman hatte um das Leben seiner Schwester gezittert, sie war unter den Geiseln im Musikclub Bataclan gewesen. Sie überlebte.
Am Morgen des Samstags hätten einige Spieler nur schwer begreifen können, dass das Spiel gegen England wie geplant stattfinden soll, berichte „L'Équipe“.
Nach Beratungen mit dem französischen Verband und der britischen Regierung sei die Entscheidung dann getroffen worden, berichte Englands Verbandschef Greg Dyke. „Wir wollen die Gelegenheit nutzen, all denen unseren Respekt auszudrücken, die betroffen sind, und wir wollen unsere Solidarität mit den Franzosen ausdrücken“, betonte er.