Arsenal-Trainerposten Favre, Ancelotti oder Mr. X? - Wenger-Nachfolger gesucht

London (dpa) - Julian Nagelsmann, Lucien Favre, Carlo Ancelotti oder doch noch Thomas Tuchel? Die Liste der Trainerkandidaten beim FC Arsenal wird immer länger.

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Nachdem Arsène Wenger zum Sommer seinen Rücktritt nach 22 Jahren angekündigt hat, wird fast reflexartig in England auch Bundestrainer Joachim Löw gehandelt. „Wir müssen sehr aufgeschlossen und auch mutig sein in unserer Entscheidung“, hatte Arsenal-Direktor Ivan Gazidis erklärt. Der ehemalige Gunners-Profi Nicolas Anelka ist sich sicher: „Es wird nicht einfach für Arsenal noch einen Trainer wie Wenger zu finden.“

Zu Beginn von Wengers Abschiedstournee setzte sich der FC Arsenal mit 4:1 (0:0) im Londoner Stadtduell gegen West Ham United durch. Arsenal bleibt auf dem sechsten Platz und wäre damit für die Europa League qualifiziert. Der Weg in die Champions League ist bei elf Zählern Rückstand auf Rang vier und noch vier ausstehenden Partien über die Liga praktisch unmöglich. Ein Hintertürchen bietet die Europa League: Als Sieger kämen die Londoner, die im Halbfinale auf Atletico Madrid treffen, noch in die Königsklasse.

Nach dem Spiel sagte Wenger über seinen Rückzug: „Ich bin nicht amtsmüde. Ich glaube, dass dieser Klub überall auf der Welt respektiert wird, mehr als in England.“ Es habe ihn „geschmerzt“, dass die Arsenal-Fans nicht das Bild abgegeben haben, wie er es sich wünsche. Zuletzt hatten Fans gegen Wenger protestiert.

Lukas Podolski glaubt, „dass Arsenal ein deutscher Trainer guttun würde“. „Das ist mein Gefühl“, sagte der frühere Nationalspieler, der von 2012 bis 2015 für die Gunners spielte, am Samstag der „Welt“. „Der Club setzt ja schon seit einigen Jahren auf deutsches Know-how.“ Mit Mesut Özil, Shkodran Mustafi und Per Mertesacker hat Arsenal drei deutsche Profis im Kader. Mertesacker wird im Sommer Leiter der Nachwuchsabteilung und wird eng mit dem neuen Coach zusammenarbeiten.

Arsenals Chefscout ist der ehemalige Dortmunder Sven Mislintat, der auch bei der Trainersuche ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Ob er seinen Bossen wirklich Ex-BVB-Coach Thomas Tuchel empfehlen würde? Die beiden hatten sich bei Borussia Dortmund zerstritten. Und doch gilt Tuchel in London als Kandidat. Der „Kicker“ hatte im März sogar vermeldet, Tuchel stehe als Wengers Nachfolger schon fest. Nun scheint ein Engagement bei Paris Saint-Germain wahrscheinlicher.

Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann wurde bei den Gunners nach dpa-Informationen bereits zu Jahresbeginn ernsthaft als Option gehandelt, glaubt aber nun nicht an den Job in London. „Ich denke nicht, wie ich schon oft betont habe“, sagte der 30-Jährige dem Sender Sky. Nagelsmanns Berater Marc Kosicke hatte ihn im März mit Arsenal in Verbindung gebracht. „Ich glaube fest daran, dass er irgendwann Bayern München, Borussia Dortmund oder Arsenal trainieren wird“, sagte Kosicke im Interview mit Sport 1, betonte allerdings: „Aber jetzt noch nicht.“

Arsenal-Direktor Gazidis nannte das Anforderungsprofil für den neuen Coach. „Es ist mir wichtig, dass wir die Fußball-Werte beibehalten, die Arsène diesem Club eingeimpft hat“, sagte er am Freitag. „Ich möchte jemanden, der auch in Zukunft progressiven, aufregenden Fußball spielt, der dafür sorgt, dass die Menschen von unseren Spielen mitgerissen und begeistert werden. Außerdem ist es wichtig, der Jugend in diesem Fußballclub eine Chance zu geben.“

In dieses Profil würde der Schweizer Lucien Favre passen. Favre, der mit Hertha BSC in der Saison 2008/09 um die Meisterschaft mitspielte und später aus dem Abstiegskandidaten Borussia Mönchengladbach einen Champions-League-Teilnehmer formte, soll nach BILD-Informationen der Top-Kandidat beim BVB sein. Nun könnte die Trainersuche in London für Unruhe in Dortmund sorgen.

Britische Medien nannten zuletzt noch weitere Kandidaten, darunter den bei den Bayern beurlaubten Italiener Ancelotti, der früher mit den Topclubs AC Mailand, Real Madrid und FC Chelsea erfolgreich war. Auch der Ex-Barcelona-Coach Luis Enrique sowie Celtic-Trainer Brendan Rodgers werden genannt. Bislang sind es nur Spekulationen. Fans träumen angeblich auch von Diego Simeone und eben Löw.

Wenger hatte lange vor seiner Rücktrittsankündigung Patrick Vieira ins Gespräch gebracht. Der frühere Arsenal-Kapitän trainiert momentan den FC New York City in der US-amerikanischen MLS. „Der Nachfolger leidet immer wegen der Vergleiche mit dem Mann, der den Job vor ihm hatte“, warnte Anelka. Viera hätte zumindest einen Sympathie-Bonus.

Vielleicht wird auch ein Unbekannter das Amt von Wenger übernehmen. „Als Arsène verpflichtet wurde, hatten ihn, glaube ich, nicht viele auf dem Schirm“, gab Gazidis zu bedenken. „Das bedeutet nicht, dass wir auf jeden Fall jemanden nehmen, an den keiner denkt und über den keiner spricht, aber es bedeutet, dass wir mutig sein müssen und die Person verpflichten, von der wir denken, dass es die richtige ist.“