FIFA wegen Katar-WM unter Druck
Berlin (dpa) - Der Druck auf die FIFA wächst. Nach den nächsten Bestechungsvorwürfen rund um die höchst umstrittene Weltmeisterschaft 2022 in Katar werden die Rufe nach einer Neuvergabe lauter.
So dürfte das Dauerthema Katar bei der Exekutivsitzung des Fußball-Weltverbandes am Donnerstag und Freitag wieder in den Mittelpunkt rücken, auch wenn die Tagesordnung einen Lagebericht nur unter Punkt 13 vorsieht - zwischen Berichten von Jugendfußball-Turnieren und diverser Kommissionen. Hinzu kommt das offenbar weiterhin existierende Problem mit den unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen, wie Gewerkschaftlerin Sharan Burrow monierte.
Viel dürfte nun davon abhängen, wie der Abschlussbericht des FIFA-Chefermittlers Michael Garcia zu den Korruptionsanschuldigungen hinsichtlich der WM-Vergabe ausfällt, und ob die US-Behörde FBI belastendes Material zu den dubiosen Machenschaften des früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner und Co. liefert.
„Es geht jetzt darum, was diese wirklich unabhängige Kommission tatsächlich herausfindet. Danach muss die Diskussion weitergeführt werden“, sagte DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock dem TV-Sender Sky und ergänzte: „Vielleicht muss man über alles noch mal nachdenken, aber erst wenn es wirkliche Fakten gibt.“ Auch aus England kommen kritische Töne, nachdem die Tageszeitung „Telegraph“ die Bestechungsvorwürfe gegen Warner publiziert hatte.
„Wenn das FBI beweisen kann, dass es korrupte Zahlungen an FIFA-Funktionäre in Verbindung mit der Vergabe gegeben hat, sollte das Turnier neu ausgeschrieben werden. Diese Berichte befeuern die Bedenken, dass die Vergabe an Katar nicht aus sportlichen, sondern aus finanziellen Gründen erfolgte“, sagte das englische Parlamentsmitglied Damian Collins.
In der englischen Tageszeitung „Telegraph“ waren Bestechungsvorwürfe gegen den früheren FIFA-Vizepräsident Jack Warner laut geworden. Der langjährige Funktionär aus Trinidad und Tobago und seine beiden Söhne sollen nach der WM-Vergabe im Dezember 2010 rund zwei Millionen Dollar von einer Firma aus Katar erhalten haben, die dem früheren FIFA-Präsidentschaftskandidaten Mohamed bin Hammam gehört. Warner bezeichnete die Berichte als „Hexenjagd gegen Katar“. „Ich habe kein Interesse daran, mich an dem Schwachsinn zu beteiligen, der als News zu Katar und Warner verkauft wird“, schrieb der 71-Jährige in einem Statement an die britische Nachrichtenagentur Press Association.
Alle Blicke richten sich nun auf den mit Spannung erwarteten Bericht des früheren US-Staatsanwalts Garcia, der als Vorsitzender des FIFA-Ethikkomitees die Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe untersuchen soll. Bereits im September 2013 sollte ursprünglich der Bericht präsentiert werden, nun ist von April dieses Jahres die Rede.
Die FIFA hatte die Kommission eingesetzt, nachdem es schon in der Vergangenheit zu großen Ungereimtheiten rund um die Katar-WM gekommen war. Zwei Exekutivmitglieder waren wegen Korruptionsvorwürfen schon vor der Wahl der WM-Endrunden 2018 und 2022 suspendiert worden. Kurz darauf rückten weitere Funktionäre ins Zwielicht, auch Warner. So klagte der damalige englische Verbandschef David Triesman, vier FIFA-Funktionäre - darunter Warner - hätten vor den WM-Vergaben unlautere Forderungen gestellt.
Die FIFA will die neuen Anschuldigungen nicht kommentieren und verweist auf „unabhängige Untersuchungen“ durch Garcia. Hinter verschlossenen Türen dürfte die Skandal-WM aber sehr wohl ein Thema sein. Denn die Korruptionsvorwürfe stellen nur ein Problem dar. Auch an den fragwürdigen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen habe sich laut Burrow nichts geändert. Vor wenigen Wochen habe sie auf der Baustelle des WM-Stadions Al Wakrah dutzende Arbeiter angetroffen, die „in elenden Bedingungen unter der Zuschauertribüne hausen mussten“.
Von der angekündigten Verbesserung der Bedingungen für Gastarbeiter sei nichts zu sehen. „Sie haben gelogen. Die katarische Regierung handelt völlig gewissenlos“, sagte sie dem Magazin „Stern“ und kritisierte die FIFA und den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Die im Februar vom katarischen WM-Organisationskomitee veröffentlichte Charta für das Wohl der Gastarbeiter bezeichnete sie als „Mogelpackung“.