Skandal-WM in Katar: Bestechungsvorwürfe gegen Warner
Berlin (dpa) - Skandalöse Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen, Terminstreit und nun neue Bestechungsvorwürfe: Die umstrittene Vergabe der Fußball-WM 2022 an den Golfstaat Katar beschäftigt inzwischen sogar das FBI.
Das geht aus einem Bericht der englischen Tageszeitung „Telegraph“ hervor, die schwere Anschuldigungen gegen den früheren FIFA-Vize Jack Warner erhebt. Demnach sollen der Geschäftsmann aus Trinidad und Tobago, seit Jahren ein Mann mit zweifelhaftem Ruf, und seine beiden Söhne kurz nach der WM-Vergabe im Dezember 2010 fast zwei Millionen Dollar (umgerechnet 1,44 Millionen Euro) aus dem Katar erhalten haben.
Im Mittelpunkt der Anschuldigungen steht die langjährige Connection zwischen dem früheren FIFA-Präsidentschaftskandidaten Mohamed bin Hammam und Warner. Laut den neuen Vorwürfen sollen über bin Hammams Firma Kemco insgesamt 1,2 Millionen Dollar (rund 860 000 Euro) an Warners Unternehmen Jamad geflossen sein. Warners Söhne Daryll und Daryan sollen 432 000 (ca. 310 500 Euro) und 316 000 Dollar (ca 227 000 Euro) erhalten haben. Außerdem ist von einer Zahlung in Höhe von 412 000 Dollar (ca. 296 000 Euro) an einen Mitarbeiter die Rede.
Warner wollte bisher keine Stellung nehmen, die WM-Organisatoren wiesen die Vorwürfe zurück. Das Bewerbungsverfahren sei im Einklang mit dem FIFA-Ethikcode verlaufen, teilte der Oberste Rat für Organisation und Nachhaltigkeit in Katar mit. Von geschäftlichen Beziehungen zwischen Privatpersonen habe das Gremium keine Kenntnis. Die FIFA wollte die Schlagzeilen nicht kommentieren. „Grundsätzlich können Beweismittel jeder Art über ein mögliches Fehlverhalten an die Untersuchungskammer der FIFA Ethikkommission eingereicht werden“, hieß es auf dpa-Anfrage.
Rein private Interessen dürfte bin Hammam weniger verfolgt haben. Der ehemalige Chef der asiatischen Konföderation (AFC) gehörte einst zu den mächtigsten Männern im Zirkel des Fußball-Weltverbandes (FIFA). Mit Warner saß er zusammen in der Exekutive, und mit seiner Unterstützung wollte er offenbar auch FIFA-Boss Joseph Blatter ablösen. 2011 mussten sich bin Hammam und Warner wegen Korruptionsvorwürfen vor der Ethikkommission verantworten. Sie sollen Stimmen bei Vertretern aus der Karibik für bin Hammams Präsidentschaftswahl gekauft haben. Beide wurden suspendiert und legten später auch ihre Ämter nieder.
Wie der „Telegraph“ weiter berichtet, untersucht das FBI nun die Bankkonten Warners. Offenbar war dabei eine Zahlung auf ein Konto auf den Cayman Islands fehlgeschlagen und schließlich über ein US-Konto abgewickelt worden, wodurch das FBI Kenntnis erlangte. Auch das FIFA-Ethikkomitee unter Vorsitz des früheren US-Staatsanwalts Michael Garcia prüft Korruptionsvorwürfe im Zuge der Vergabe der WM 2022. Ursprünglich sollte Garcias Bericht bereits im September vergangenen Jahres vorliegen. Danach war vom April dieses Jahres die Rede.
Garcia hat einiges aufzuarbeiten. Zwei Exekutivmitglieder waren wegen Korruptionsvorwürfen schon vor der Wahl der WM-Endrunden 2018 und 2022 suspendiert worden. Kurz darauf rückten weitere Funktionäre ins Zwielicht, auch Warner. So klagte der damalige englische Verbandschef David Triesman, vier FIFA-Funktionäre - darunter Warner - hätten vor den WM-Vergaben unlautere Forderungen gestellt.
Und Warner war es auch, der 2006 in einen Ticketskandal verwickelt war. Er soll Schwarzmarktickets für die WM in Deutschland verkauft haben. Warners Retourkutsche in Richtung Blatter war seine Behauptung im vergangenen Jahr, dass er für die Unterstützung des Schweizers bei dessen Wahl zum FIFA-Boss 1998 einen Millionenbetrag erhalten habe.
In Sachen Katar werden die Rufe nach einem WM-Entzug wieder lauter. „Unsere Befürchtungen, was das Regime in Katar betrifft, bestätigen sich voll. Man muss den Katarern die WM entziehen, wenn sie an dem Kafala-System, das an Sklaverei grenzt, festhalten und die internationalen Arbeitsrechtsnormen nicht nachweisbar einhalten“, sagte Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der „Sport-Bild“ mit Blick auf eine Inspektionsreise des Internationalen Gewerkschaftsbundes im Februar. Immer wieder ist von getöteten Gastarbeitern auf den Baustellen die Rede, im Januar hatte der „Guardian“ von offiziell 382 getöteten Nepalesen berichtet. Für ausreichend Gesprächsstoff ist auf der Sitzung der FIFA-Exekutive am Donnerstag und Freitag gesorgt.