Fußball-Aktien: Clubs zwischen „Kult und Kommerz“
New York (dpa) - König Fußball regiert die Welt. Was im Sport ein ungeschriebenes Gesetz ist, wird unter Anlegern und Börsianern dagegen sehr kritisch gesehen.
Vereinsaktien überbieten sich gegenseitig mit ihren Wertverlusten. Und ausgerechnet in Zeiten der Schuldenkrise, in der Neuemissionen ohnehin kaum eine Chance eingeräumt wird, will Manchester United in New York an die Börse zurück. Der englische Rekordmeister peilt Einnahmen von bis zu 333 Millionen Dollar an.
Dabei war die erste Börsenpräsenz der Red Devils, die mit City um die Vorherrschaft in Manchester streiten, eine große Ausnahme unter den dürftig abschneidenden Fußballaktien in Europa. Aktionäre, die seit 1991 von Beginn an dabei waren, konnten sich über das 15-fache des ursprünglichen Kurses freuen, als United 2005 durch den US-Investor Malcolm Glazer übernommen und auch von der Börse genommen wurde. Das könnte die Aktie womöglich bei Investoren nun auch wieder interessant machen.
In Europa steht der nach einer Rangliste des US-Magazins „Forbes“ wertvollste Fußballverein der Welt damit aber alleine auf weiter Flur. Dies zeigt der Vergleich mit anderen börsennotierten Clubs wie etwa Borussia Dortmund. Selbst nach den zwei Meistertiteln liegt das Wertpapier rund 80 Prozent unter dem Ausgabekurs aus dem Jahr 2000.
Noch größere Verluste müssen bislang Anleger der ersten Stunde bei italienischen Spitzenclubs wie Juventus Turin, Lazio oder AS Rom einstecken. Eine Vielzahl weiterer britischer Vereine ist schon längst wieder aus der Börsenlandschaft verschwunden.
Analyst Klaus Kraenzle vom Analysehaus Silvia Quandt Research warnt Anleger nun aber davor, die ehemaligen Kursgewinne von United in Gedanken einfach so fortzuschreiben. „Im Zuge der ersten Börsenpräsenz war es Manchester als einzigem Fußballwert aus den großen Ligen gelungen, den Spagat zwischen Kult und Kommerz gut hinzukriegen“, so der Experte. „Diesmal aber sehe ich den Börsengang misstrauischer.“ Denn es würden lediglich Schulden abgebaut, ohne dass Maßnahmen zur Expansion oder Investitionen in neue Spieler geplant seien. Zudem hatten die Glazers angekündigt, dass die Hälfte des Erlöses an die Milliardärsfamilie als Alleineigentümer gehe.
Aber nicht nur für wirtschaftlich denkende Fans sind Fußballaktien ein Abenteuer. Laut Kraenzle macht es auch für die Vereine selbst wenig Sinn, Aktien zur Finanzierung zu nutzen. „Die Interessenkonflikte zwischen dem sportlichen Erfolg und finanziellen Rückflüssen an die Investoren sind einfach zu groß“, so der Experte.
Ähnliche Argumente dürften auch dazu geführt haben, dass ein Börsengang von Bayern München lange nicht mehr thematisiert wurde. Der ehemalige Manager Uli Hoeneß hatte vor Jahren schon vor den Gefahren einer derartigen Entscheidung gewarnt. „Denn man gibt ja auch was weg - und plötzlich hast du nichts mehr zu versilbern“, sagte der heutige Bayern-Präsident seinerzeit.
Auch Fremdkapital komme die Clubs teuer zu stehen, erläuterte Kraenzle weiter. Schalke müsse für seine Anleihe 6,75 Prozent bieten, während ein Konzern wie Nestle mit 1,50 Prozent weniger Zinsen zahle als Frankreich.
In die gleiche Kerbe schlug jüngst die Zeitschrift „Finanztest“, die Anleger dazu ermahnte, riskante Fußballanleihen nicht mit sicheren Zinsanlagen zu verwechseln. Es spreche zwar nichts dagegen, einen Verein zu unterstützen - bei den oft hoch verschuldeten Clubs könne das angelegte Geld aber schlimmstenfalls verloren sein.
Über die Gründe, warum Manchester nun aber an der New Yorker Wall Street und nicht wie ehemals geplant in Singapur oder Hongkong gelistet werden soll, lässt sich nur spekulieren. Während der derzeitige Besitzer Glazer in England seit Jahren auf erbosten Widerstand der Fans trifft, hat der Club zwar auch in Asien eine Flut an Sympathisanten. Glazer kommt aber aus den USA - einem Land, wo andere Sportarten vorherrschen, aber auch finanzkräftige Investoren sitzen. Für sie und auch die Vereine bleiben die Finanzmärkte aber eine abenteuerliche Angelegenheit.