Guardiola verlässt FC Barcelona - Vilanova übernimmt
Barcelona (dpa) - Mit traurigen Augen beobachteten Carles Puyol, Xavi und Co. das beginnende Ende der Erfolgsära von Josep Guardiola. In der ersten Reihe lauschten die Stars vom FC Barcelona gebannt, wie ihr Coach bei einer Pressekonferenz seinen Abschied zum Saisonende verkündete.
„Das ist keine einfache Entscheidung für mich“, sagte Guardiola gerührt, „der Grund ist einfach. Vier Jahre sind eine Ewigkeit für einen Coach, vier Jahre machen jeden müde. Es ist für mich an der Zeit, zu gehen.“
Vereinspräsident Sandro Rosell fiel dem mit 13 Titeln „besten Coach in der Geschichte des Clubs“ um den Hals und verkündete gleich die überraschende, aber doch konsequente Wahl des Nachfolgers. Der bisherige Assistent Tito Vilanova soll das Erbe des 41 Jahre alten Guardiolas fortsetzen. „Man kann das Beste von Tito erwarten. Er ist mehr als begabt, die Spieler kennen ihn. Ich denke, der Club hat eine großartige Wahl getroffen“, pries Guardiola seinen Vertrauten an, „ich war nur die Stimme der Ideen, die Tito und ich gemeinsam entwickelt haben.“
Wie sein ein Jahr jüngerer Vorgänger entstammt Vilanova der clubeigenen Talenteschmiede La Masia. Er stand bislang nur einmal - unfreiwillig - im Rampenlicht: Als ihm Real Madrids Trainer José Mourinho im vergangenen Jahr beim Supercupfinale einen Finger ins Auge drückte, revanchierte er sich mit einem Schlag in den Nacken.
Ansonsten gilt der Fußball-Fachmann Vilanova als ruhiger und akribischer Arbeiter. Er repräsentiere „die Philosophie des Clubs“, erklärte Sportdirektor Andoni Zubizarreta.
Guardiola schwieg sich über seine eigene Zukunft hingegen noch aus. Dank seines Ansehens könnte er wohl zwischen den Posten beim FC Chelsea, dem englischen Fußball-Verband oder im kommenden Jahr der Anstellung bei Manchester United wählen. Noch wolle er nicht sofort einen neuen Job übernehmen, betonte Guardiola, der bei Barcelona stets nur Einjahresverträge unterschrieben hatte.
Zu tief sitzt die jüngste Enttäuschung. Die Niederlage im Meisterschaftsrennen gegen Real Madrid und das Königsklassen-Aus gingen als „schwärzeste Tage der Ära Guardiola“ (Marca) in die Barça-Annalen ein. Zwar zelebrierten die Katalanen ihr auf Ballbesitz ausgelegtes Kurzpassspiel, ließen jedoch jegliche Effizienz vor dem Tor vermissen. Als einzigen Kritikpunkt seiner Zeit in Barcelona muss sich Guardiola deshalb gefallen lassen, dass ein kopfgesteuerter Plan B gegen extrem defensiv stehende Gegner wie Real oder Chelsea im berauschenden Spielstil nicht existierte.
So hinterlässt Guardiola seinem Jugendverein nicht nur Titel für den Trophäenschrank im Camp Nou, sondern auch eine Philosophie als Vermächtnis. Den Ball und Gegner kontrollierenden Tiki-Taka-Stil seiner Vorgänger vollendete der frühere Defensivmittelfeldspieler mit einem schwindelerregenden Pressing. „Ich möchte Pep von ganzem Herzen für alles, was er mir in meiner professionellen und persönlichen Karriere gegeben hat, danken“, schrieb der dreimalige Weltfußballer Lionel Messi bei Facebook. Bereits zuvor hatte der Argentinier von Guardiola geschwärmt: „Pep ist wichtiger für Barcelona als ich. Seit er angekommen ist, hat er alles für uns geändert. Er hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.“
Guardiola führte Barça zu zwei Erfolgen in der Champions League (2009, 2011), drei Meistertiteln (2009 - 2011), dem Weltpokal (2009, 2011), dem europäischen Supercup (2009, 2011), der spanischen Supercopa (2009-2011) und einem Sieg im spanischen Königspokal (2009). Im Januar wurde er als FIFA-Welttrainer des Jahres 2011 ausgezeichnet. „Er weiß genau, wie es geht“, lobte sogar sein großer Gegenspieler Jose Mourinho vom Madrider Erzrivalen kürzlich.
Über den Rückzug Guardiolas gingen die Meinungen im Kollegenkreis allerdings auseinander. Jupp Heynckes zeigte sich nicht überrascht und zeigte Verständnis: „Die Anzeichen gingen in den letzten Wochen dahin, dass er sein Engagement beenden würde“, meinte der Bayern-Coach, „einen europäischen Spitzenclub zu trainieren, ist Stress. Das kostet Substanz.“ Arsene Wenger vom FC Arsenal kritisierte aber den Zeitpunkt des Entschlusses. „Die Philosophie von Barcelona muss größer als Gewinnen oder Verlieren sein“, meinte er.