Heiße Liebe abgekühlt: Buh-Rufe für Ronaldinho
Rio de Janeiro (dpa) - Viele Flamengo-Fans verlieren langsam die Geduld mit Ronaldinho. Fast ein halbes Jahr nach dem Wechsel des zweifachen Weltfußballers mäkeln die Anhänger des Rio-Clubs über die maue Leistung von „R10“.
Dass der Rios Nachtleben dennoch genießt, steigert nur den Ärger.
Was waren das für heiße Liebesschwüre, als sich Ronaldinho nach langem Hin und Her Anfang Januar für Flamengo entschied. Ein riesiges pulsierendes Herz schlug auf der Webseite des Traditionsvereins in Rio de Janeiro. „Der Beste beim Größten (Club) der Welt“, posaunte der Club mit Brasiliens größter Fan-Schar voller Stolz in die Fußball-Welt. Die Fans waren außer sich, die Clubführung begeistert und Ronaldinho gerührt. Er versprach den Fans damals Liebe und Warmherzigkeit. Nicht mal sechs Monate später ist die Liebe zumindest auf Seiten der Fans merklich erkaltet.
Ronaldinho musste sich inzwischen in einigen Spielen laute „Buh“-Rufe anhören. Zuletzt geschehen am vorigen Sonntag beim Klassiker gegen den Stadtrivalen Botafogo. Die Partie endete mit 0:0 und Ronaldinho wurde zum Schluss sogar ausgewechselt. Beim Verlassen des Platzes quittierten die Fans dessen Leistung mit Pfiffen. Der 31-Jährige absolvierte seit dem 2. Februar 23 Spiele und schoss 7 Tore, rechneten Sportkommentatoren diese Woche vor.
„Die Nummer 10 hat bei den allermeisten Einsätzen zu wünschen übrig gelassen. Im Glühwürmchen-Stil blieb Ronaldinho mehr aus, als dass er leuchtete“, urteilte die Zeitung „O Globo“ und nannte „R10“ gleich „Ronaldinho Gaúcho Vagalume“ (Glühwürmchen). „Buh“-Rufe erntete er auch beim Ausscheiden von Flamengo („Fla“) aus der Pokalmeisterschaft im Mai. „Die Fans haben jedes Recht unglücklich zu sein, wenn das Team nicht gewinnt“, räumte er damals ein. Dabei war Ronaldinhos Rio-Start so schlecht eigentlich nicht.
Mit ihm gewann „Fla“ die „Taça Guanabara“ (Guanabara-Pokal), den Hinrunden-Titel des Bundesstaates Rio, und den entscheidenden 1:0-Siegtreffer gegen Boavista schoss Ronaldinho. Zudem kommt er stets pünktlich zum Training und fällt nicht durch Undiszipliniertheiten auf.
„Ich mache mir keine Sorgen um Ronaldinho“, sagte Trainer Vanderlei Luxemburgo kürzlich. „Das Problem ist, dass die Leute den selben Ronaldinho sehen wollen wie in Barcelona.“ Doch der Spieler konnte nie wirklich zurückfinden zur Top-Leistung, die ihm zur Barcelona-Zeit zwei FIFA-Weltfußballertitel (2004, 2005) bescherte.
In Rio fühlt sich Ronaldinho, der vom AC Mailand in die Stadt am Zuckerhut wechselte, sichtlich wohl. Er tanzte nicht nur im März beim Karneval in Rio durchs weltberühmte Sambódromo, sondern genießt auch sonst die Reize der Stadt. Vorige Woche wurde er um 5.00 Uhr morgens in einem Nachtclub gesichtet. Und nach dem enttäuschenden Sonntagsspiel gegen Botafogo kursierten Fotos, die den Star vergnügt beim Fußball-Volley am Strand zeigten. All das verstimmt die Fans.
Einer von ihnen kam deshalb auf eine besondere Idee und schuf eine Ronaldinho-Hotline, wo erboste Fans alle nächtlichen Aktivitäten des Stars melden können. „Heute haben schon mehr als 1000 Leute die Nummer gewählt“, behauptete der etwas heiser klingende Initiator José Carlos Peruano am Dienstag, als er den Hörer abnimmt. „Die Aktion wird solange fortgesetzt, bis die Leistung (Ronaldinhos) auf dem Spielfeld besser wird.“ Am Samstag gibt es dazu die nächste Gelegenheit gegen Atletico Mineiro.