Hilfe „von oben“: Brasiliens Stadienbau läuft an

São Paulo (dpa) - Die FIFA schimpft, WM-Gastgeber Brasilien kontert - und die Uhr für die WM 2014 tickt weiter. Der Schlagabtausch wiederholt sich immer wieder so oder so ähnlich. Die Arbeit an den meisten der zwölf WM-Standorten in Brasilien kommt langsam, aber sicher in Fahrt.

Zuversicht ist eine brasilianische Tugend. Es findet sich immer ein Weg, Hindernisse zu beseitigen oder zumindest zu umschiffen. Die Fußball-WM 2014, eines der größten Sportspektakel der Welt, nähert sich mit großen Schritten und FIFA-Chef Sepp Blatter wird ganz bange, wenn er die Verzögerung bei den Bauarbeiten sieht.

„Take it easy“, empfahl ihm der Journalist Rodrigo Prada auf dem brasilianischen WM-„Portal 2014“: „Das Wichtigste, Herr Blatter, ist, dass wir auf die Hilfe eines Landsmanns zählen, der die ganze Welt in nur sieben Tagen erbaute. Gott ist Brasilianer, wie Sie ja wissen.“

Ob das beruhigend auf Blatter wirkt, bleibt abzuwarten. Der Schweizer Weltverbandschef hatte schon in Südafrika bis zum Schluss zittern müssen und will das nicht noch mal erleben. Darum wetterte er jetzt, Brasilien liege sogar hinter Südafrika, wenn man den Stand der Vorbereitungen drei Jahre vor der WM 2010 vergleiche.

Für Sportminister Orlando Silva verglich Blatter damit „Bananen mit Orangen“. Zudem hätten die Arbeiten an zehn Standorten begonnen. Die FIFA-Kritik tut weh, doch auch in Brasilien gibt es sorgenvolle Gesichter. Silva persönlich hatte 2010 einigen WM-Städten die Gelbe Karte wegen Verzögerungen gezeigt und sogar mit „Rot“ gedroht.

Ausgerechnet in der reichsten und größten Stadt des Landes sowie Südamerikas, São Paulo, haben die Bauarbeiten für das WM-Stadion noch nicht mal begonnen. „Unser Timing (für den Start) ist Mai, aber wir werden im April beginnen“, versicherte Andrés Sanchez, der Präsident des Erstliga-Clubs Corinthians, der das neue Stadion im Ortsteil Itaquera im Osten der Stadt bauen will. Dort soll das Eröffnungsspiel ausgetragen werden. Der Fußball-Tempel mit 65 000 Plätzen soll bis zu 700 Millionen Reais kosten (301,5 Millionen Euro).

Für das Endspiel ist Rios legendäres Maracanã-Stadion vorgesehen, das seit Herbst 2010 geschlossen ist und grundsaniert wird. Blatter wirbelte viel Staub auf, als er São Paulo und Rio als Austragungsorte beim Confederations Cup, dem WM-Probelauf 2013, infrage stellte. „Das Maracanã ist voll im Zeitplan und wird beim Confed-Cup dabei sein“, beteuerte Rios regionale Sportministerin Marcia Lins.

Der Fußballtempel braucht allerdings auch ein komplett neues Dach. Das ergaben technische Untersuchungen an dem 1950 erbauten Stadion. Eigentlich hätten die Sanierungsarbeiten im Dezember 2012 beendet sein sollen. Aber das Stadion werde wohl nun erst Anfang 2013 fertig, sagte der Präsident des brasilianischen Fußball-Verbandes (CBF), Ricardo Teixeira, dem Sender SporTV. Die Sanierungsarbeiten sollten ursprünglich umgerechnet 300 Millionen Euro kosten, könnten nun aber 430 Millionen Euro teuer werden.

Nicht nur die Top-Standorte sehen viele als Sorgenkinder. Auch in Natal im Nordosten Brasiliens beginnen die Arbeiten für das „Estádio das Dunas“ vermutlich erst im August. Erst vor kurzem wurde der Auftrag für das 172-Millionen-Euro-Projekt an den brasilianischen Baukonzern OAS vergeben. Aber dem „Dünenstadion“ dürfte nach der WM das gleiche Schicksal blühen wie etwa der „Arena Amazônia“ in Manaus: Nach der WM wird es schwer werden, die Stadien zu füllen.

Die Bauaufträge für die zwölf Stadien summieren sich schon beim jetzigen Planungsstand auf mehr als zwei Milliarden Euro. Die Konzerne Odebrecht, Andrade Gutierrez und OAS haben sich große Stücke des Kuchens gesichert. Auch das deutsche Architektur-Büro Gerkan, Marg und Partner (gmp) ist im Geschäft und lieferte die Vorlagen für die Stadien in Manaus, Belo Horizonte und Brasília.

Der Großteil der Finanzierung läuft über die staatliche Entwicklungsbank BNDES, die für jedes Stadion maximal 400 Millionen Reais (rund 172 Millionen Euro) an Krediten gibt. Je größer die zeitlichen Verzögerungen, desto teurer wird's zum Schluss. Und die Stadien sind nur ein Teil des Großprojektes WM 2014.