Hitzfeld: „WM ist mein schönstes Geburtstagsgeschenk“
Berlin (dpa) - Auf sein schönstes Geburtstagsgeschenk zum 65. muss Jubilar Ottmar Hitzfeld noch fünf Monate warten. Eine große Party hat der Erfolgstrainer am Sonntag aber ohnehin nicht geplant.
„Im engsten Kreis“ seiner Familie will er am Sonntag seinen Ehrentag genießen. „Ich bin generell kein Freund großer Feiern, denn da fehlt einfach immer die Zeit, sich gebührend mit den geladenen Menschen zu unterhalten“, erklärt er höflich, so wie man ihn kennt, der Nachrichtenagentur dpa.
151 Tage später beginnt in Brasilien die WM und damit seine letzte Mission als Schweizer Nationalcoach. Der Abschied aus der Branche rückt für den einstigen Erfolgscoach von Bayern München und Borussia Dortmund unaufhaltsam näher. „Die WM ist mein schönstes Geburtstagsgeschenk“, findet der Titelsammler aus Lörrach, „es ist ein Privileg, dass ich meine Zeit als Trainer mit einer WM im Land des fünfmaligen Weltmeisters abschließen darf.“
Sich mehr der Familie widmen, lautet sein Credo für die Zeit danach. „Vielleicht werde ich etwas mehr reisen und dabei sicher darauf achten, dass ich von spannenden Destinationen mehr sehe als Hotels und Stadien“.
Der Fußball lässt ihn aber nur schwer los. Selbst der oft kühle Pragmatiker bekam feuchte Augen, als er im Oktober seine Entscheidung bekanntgab. Den Zeitpunkt seines Rücktritts wollte der zweifache Champions-League-Sieger immer selbst bestimmen, wie er sagt. „Das ist jetzt passiert. Darum fühle ich mich wie befreit.“
Vom Sommer an wird er frei sein von dem Stress eines Trainers, dem man dem stets stilvoll gekleideten Gentleman in seinen Zeiten als Vereinscoach oft am fahlen Gesicht ansah. Frei sein von der Last, immer gewinnen zu wollen, immer gewinnen zu müssen. Den Druck, die Erwartungen der Schweizer bei der WM-Endrunde zu erfüllen, spürt er schon Monate vorher. „Sobald ich an Brasilien denke, ist er da - jetzt schon“, schildert Hitzfeld in einem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Interview der „Neuen Zürcher Zeitung“. „Man hat immer Verantwortung, und ein Stück davon abzugeben, wird sicher die Lebensqualität erhöhen.“
Die Erfolge kamen mit dem sachlichen Analytiker fast mit Garantieschein: Sieben deutsche Meisterschaften, drei DFB-Pokal-Siege, zwei Champions-League-Titel zieren unter anderem seine Vita. Das 3:1 im Königsklassen-Finale mit dem BVB 1997 gegen Juventus Turin bleibt dem Titelsammler besonders im Herzen. „Der Erfolg war für viele überraschend, die Feier danach in der Stadt absolut fantastisch“, erinnert er sich.
Einer der Protagonisten auf dem Platz war damals Matthias Sammer, der ihn als einen „großen Trainer“ und „super Menschen“ lobt. „Er hat ein feines Gespür für Spieler und Menschen“, sagt der Bayern-Sportvorstand und fügt launig hinzu: „Das eine oder andere graue Haar hat er mir zu verdanken.“ Über seine Stationen hinaus gewann Hitzfeld Sympathien. Seit langem gilt er als einer der Angesehensten der Branche.
Seine begabte „Nati“ mit den Bundesliga-Profis Xherdan Shaqiri vom FC Bayern und dem Gladbacher Granit Xhaka will der Beinahe-Ruheständler in Brasilien mindestens bis in Achtelfinale führen. „Diese Mannschaft ist allemal so weit wie Portugal. Sie können die Vorrunde überstehen und eine große Überraschung bei der WM werden“, meint Sammer.
In den Partien gegen Ecuador, Frankreich und Honduras können die Eidgenossen Hitzfelds letzten großen sportlichen Traum in die Wirklichkeit umsetzen. „Wir wollen ihm einen schönen Abschied bescheren“, hat Xhaka dem „Kicker“ gesagt. Doch die erfolgreiche Karriere des Trainers wird mit einer Niederlage enden. Sofern die Schweiz nicht WM-Dritter wird - oder Weltmeister.