Jahrhundert-Debakel für Real - Kritik an Özil
Barcelona (dpa) - Statt eines Jahrhundert-Spiels erlebte Real Madrid ein Jahrhundert-Debakel. Die „Königlichen“ wurden im spanischen Fußball-Klassiker vom FC Barcelona vorgeführt und mit 0:5 deklassiert.
Vor allem für Reals Trainer José Mourinho bedeutete der Auftritt im Camp-Nou-Stadion, wo er die höchste Niederlage seiner Karriere einstecken musste, einen schmerzhaften Abend. Die deutschen Nationalspieler Sami Khedira und Mesut Özil gingen im Angriffszauber der Katalanen wie ihre Kollegen buchstäblich unter.
Spaniens meistgelesene Zeitung „Marca“ sah in dem Ex-Bremer gar einen der Hauptverantwortlichen für die erste Saison-Niederlage der Madrilenen. „Özil hätte eine Schlüsselfigur sein sollen, aber er trug absolut nichts zum Real-Spiel bei“, meinte das Sportblatt. „Seine klägliche Darbietung riss das Team mit in die Tiefe.“ Der Spielmacher trat kaum in Erscheinung und wurde zur Halbzeit ausgewechselt. Sein Landsmann Khedira hatte den Ballstafetten von Barças Weltmeistern Xavi, Andrés Iniesta und Sergio Busquets nichts entgegenzusetzen.
Für Real bedeutete das 0:5 nicht nur eine der höchsten Niederlagen in einem „Clásico“ gegen den Erzrivalen, sondern auch den Verlust der Tabellenführung in der Primera División an Barça. Im „Klassiker der Superlative“ wurden allein die Katalanen den Erwartungen gerecht. Die Blau-Roten inszenierten ein beinahe himmlisches Kombinationsspiel und ließen den Ball in ihren Reihen zirkulieren wie nie zuvor.
Die Presse sprach einhellig von einer „Demütigung“ der Madrilenen. „Das Barça-Spiel war ein Kunstwerk, das in die Geschichte eingeht und in einem Museum aufbewahrt werden sollte“, schwärmte die Zeitung „El Periódico“. „Marca“ meinte gar: „Dieses Barça ist wohl die beste Elf der Fußballgeschichte und wird für immer in Erinnerung bleiben.“
Torjäger Lionel Messi konnte zwar erneut keinen Treffer gegen ein Mourinho-Team erzielen, bereitete aber zwei Tore vor. Der sonstige Passgeber Xavi (9. Minute) eröffnete den Torreigen, Pedro (17.) ließ wenig später das 2:0 folgen. Nach dem Wechsel bot sich das gleiche Bild: Die Blau-Roten ließen den Ball kreuz und quer über den Platz laufen, die Weißen trabten mutlos hinterher. David Villa revanchierte sich mit einem Doppelpack (54./57.) für abfällige Bemerkungen Mourinhos über den Weltmeister. Nachwuchsspieler Jeffren (90.) setzte den Schlusspunkt zum 5:0. Reals Verteidiger Sergio Ramos trat in der Schlussphase vor lauter Frust Messi um und erhielt die Rote Karte.
Mourinho war nach Kräften bemüht, das Ausmaß der Pleite herunterzuspielen. „Die Meisterschaft ist längst nicht entschieden“, sagte der Real-Coach. „Die Niederlage ist leicht zu verdauen, weil sie verdient war und es daran nichts zu deuteln gibt. Barcelona hat in Bestform gespielt und wir sehr schlecht.“ Der Portugiese muss befürchten, dass die 0:5-Abfuhr seiner zuletzt so stark spielenden Mannschaft einen Knacks gibt. Um seinen Spielern Mut zu machen, erinnerte er an seinen Einzug ins Finale der Champions League in der vorigen Saison mit Inter Mailand: „Mit Inter habe ich in den Gruppenspielen ebenfalls in Barcelona verloren, aber dann musste Barça sich das Finale im Fernsehen ansehen.“
Der „Clásico“ war das erste Liga-Spiel, das in fast allen Teilen der Welt im Fernsehen übertragen wurde. Über ein Dutzend Weltmeister und zehn Kandidaten für den Titel des Weltfußballer des Jahres standen auf dem Platz. Es glänzten aber nur die Stars in Blau-Rot. Reals Torjäger Cristiano Ronaldo, der noch nie einen Treffer gegen Barça erzielen konnte, hatte bis auf einen Freistoß keine Torchance. Der Portugiese trat allein mit Meckern und einem Rempler gegen Barça-Trainer Josep Guardiola in Erscheinung.