Kritik wegen Katar-WM wächst - Terminchaos droht
Düsseldorf (dpa) - Liga-Präsident Reinhard Rauball hat mit scharfer Kritik an der FIFA den Konflikt um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 nach Katar weiter angeheizt. Der Weltverband steckt längst tief in einem Dilemma.
Wegen der großen Hitze im Wüstenstaat sprach sich FIFA-Präsident Joseph Blatter wie zuvor Franz Beckenbauer zuletzt immer deutlicher für eine Verlegung der WM in den Winter aus. Doch der Vorschlag stößt bei den wichtigsten europäischen Verbänden auf Unmut, weil sie ihren Liga-Spielbetrieb komplett umstellen müssten. Das Echo in der Bundesliga ist geteilt.
Liga-Boss Rauball forderte in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ von der FIFA mehr Transparenz und Absprachen mit den wichtigsten europäischen Verbänden bei solch weitreichenden Entscheidungen. Rauball befürchtet große Terminprobleme. „So sieht das vorläufige Ergebnis aus: Ein unfassbar großer Reparaturaufwand für eine falsch getroffene Entscheidung“, monierte Rauball die WM-Vergabe nach Katar. „Es reicht im Jahr 2010 nicht mehr aus, einen Briefumschlag aufzureißen und zu verkünden: 'The winner is Katar'. Und natürlich will man wissen, ob die Klima-Aspekte vergessen oder einfach heruntergespielt worden sind. So ist das nicht akzeptabel.“
Eine Umstellung des Spielkalenders in vielen europäischen Ligen hätte gravierende Auswirkungen. Eine der wichtigsten Fragen ist laut Rauball, wann die Spielerkalender umgestellt werden sollen. „Vor Katar 2022 ist die WM 2018 in Russland, da spielt man sicher nicht im Winter, bei sibirischer Kälte. Es muss danach passieren. Und was geschieht mit dem Afrika-Cup im Januar, mit dem Asien Cup? Was mit der Fußball-EM, soll die 2020 in den Winter rücken?, sagte Rauball. Auch Englands Verbands-Generalsekretär Alex Horne kritisierte den Blatter-Plan massiv: „Das ist ein logistisches Durcheinander.“
UEFA-Präsident Michel Platini befürwortet eine WM am Jahresende oder im Januar. Die Angleichung der Kalender hält er nicht für ein unlösbares Problem. „Es sind elf Jahre, um sich darauf einzustellen. Und es gibt zwei Wege: Man kann die Saison für immer ins Kalenderjahr verlegen oder dies nur für ein Jahr machen mit einer langen Winterpause“, sagte Platini der „Gazzetta dello Sport“.
In der Bundesliga gibt es ein geteiltes Echo. „Ich denke, eine WM im Winter wäre im Sinne des Fußballs. Wenn man qualitativ gute Spiele haben will, sollte man es tun“, sagte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia. Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler sprach sich im Bonner „General-Anzeiger“ ebenfalls dafür aus. „Die WM muss im Winter stattfinden. Es ist sogar eine Chance, bei uns den Kalender zu überdenken und von Februar bis Ende November zu spielen. Von 34 Spieltagen frierst du doch - gefühlt - an 20.“
Hoffenheims Manager Ernst Tanner hält den Vorschlag in der Realität für „nicht umsetzbar“. „Alles müsste umgestellt werden und alle müssten mitziehen. Aber südliche Länder können nicht bei 40 Grad spielen. Es ist unmöglich, alles unter einen Hut zu kriegen.“ Skeptisch äußerte sich auch Klaus Allofs. „Es wird seit vier Jahren versucht, die Spielpläne in Europa zu vereinheitlichen, aber wir kriegen nicht einmal das hin. Wie soll das dann bei einer WM gehen“, sagte Werder Bremens Geschäftsführer.
Karl-Heinz Rummenigge will erst mit Blatter sprechen, um mehr Details zu konkreten Umsetzung der Pläne zu erfahren. „Es hängt eben viel dran. Der Fußball-Kalender ist extrem wichtig“, sagte der Vorstandchef des FC Bayern München in Nyon.
Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Thomas Bach, schlug im Konflikt des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit der FIFA versöhnliche Töne an. Bach setzt auf Kooperation. Eine Terminkollision mit den Winterspielen 2022 sieht er nicht. „Ich denke, dass man das regeln kann. Es könnte sogar zu einer win-win- Situation kommen, wenn die Fußball-WM im November oder Dezember ausgetragen wird und die Winterspiele wie immer im Februar stattfinden. Noch sind elf Jahre Zeit, da dürfte eine Lösung gefunden werden“, sagte Bach.