Doch der Beste: Die Welt erliegt Messis Anmut
Zürich (dpa) - Lionel Messi war die Wahl zum Weltfußballer des Jahres ein bisschen peinlich. Doch während die spanische Presse eine Verschwörung der FIFA witterte, überschüttete die Fußballwelt den argentinischen Dribbelkünstler am Tag danach mit den üblichen Lobeshymnen.
„Vielleicht hat er die Wahl zum Weltfußballer auch deshalb gewonnen, weil Lionel Messi wie kein anderer für den Glauben an das Gute und für die Hoffnung im Fußball steht“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“. „Er ist mit 23 bereits eine Fußball-Legende“, befand das französische Fachblatt „L'Équipe“.
Tags zuvor hatte der Barça-Zauberer in Zürich den Goldenen Ball für den besten Profi des Planeten erhalten und sich dabei etwas unerwartet gegen seine Vereinskollegen und spanischen Weltmeister Andrés Iniesta und Xavi durchgesetzt.
„Das ist eine schöne Überraschung“, gab der 1,69 Meter große Ausnahmekönner zu, als er sich mit beiden Armen auf das Podium des Festsaals im Kongresshaus am Ufer des Zürichsees stützte und in einer kurzen Ansprache allen dankte, die ihm gerade so einfielen. Natürlich ließ er auch die geschlagenen Vereinskollegen nicht aus. „Vorher war immer von Xavi und Andrés die Rede. Sie hätten die Auszeichnung nach diesem tollen Jahr auch verdient gehabt.“
Erstmals seit Einführung der Weltfußballer-Wahl 1991 wurde in einem WM-Jahr nicht der dominierende Akteur des Weltmeisters zum besten Fußballer des Planeten gekürt. Dass in einem Jahr, in dem Messi auf der großen internationalen Festspielbühne eher enttäuschte, keiner der beiden nominierten Weltmeister die höchste Individual- Auszeichnung im Fußball erhielt, beweist einmal mehr die außergewöhnliche Klasse dieses kleinen Mannes. Die Botschaft des Abends lautete dann auch: Er ist halt doch der Beste der Welt.
Von seinem Nationaltrainer Diego Maradona war Messi bei der WM in Südafrika in ein Taktik-Korsett gezwängt worden, das scheiterte. Messi blieb blass und torlos. Die Kapitäne und Nationaltrainer würdigten mit ihrer Wahl jedoch die Künste, Tore, Dribblings, Haken und Pässe, mit denen der Barça-Wirbler seine Gegner schwindlig spielt und die Zuschauer in den Stadien unterhält wie kaum ein anderer.
Messi ist mehr als Xavi und Iniesta ein Einzel-Genie, seine beiden kongenialen Partner beim spanischen Champion FC Barcelona definieren sich stärker über das Kollektiv. Mit 22,65 Prozent der Stimmen ließ der Sieger Iniesta (17,36) und Xavi (16,48) hinter sich.
Die spanischen Medien sehen darin eine „Missachtung des Weltmeisters“. Die meistgelesene Zeitung „Marca“ schrieb, die Nominierung zeige, dass der Weltverband FIFA und dessen Präsident Joseph Blatter gegen Spanien voreingenommen seien. Zumal auch bei den Trainern nicht Barça-Coach Josep Guardiola und auch nicht der spanische Weltmeister-Macher Vicente del Bosque, sondern der streitbare und exzentrische Portugiese José Mourinho gewählt wurde.
„Spanien hat in den Urnen kein Gewicht“, meinte die Zeitung „El País“. „Die Wahl Messis war verdient. Aber der spanische Fußball hatte es nicht verdient, übergangen zu werden.“ Das Sportblatt „Marca“ witterte gar eine Verschwörung der FIFA: „Der FIFA-Chef Blatter hatte die Spanier bereits mit verdächtigen Methoden um die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2018 gebracht. Xavi und Iniesta gewannen mit dem FC Barcelona ebenso viele Titel wie Messi. Aber sie haben etwas, was der Argentinier nicht hat. Sie gewannen die WM.“