Man hat ein gemeinsames Ziel: Frauen trainieren Männer
Berlin (dpa) - Corinne Diacre ist etwas ganz Besonderes. Dabei hat sie eigentlich nur ihren Job gemacht. „Corinne Diacre schreibt heute Abend Geschichte“, twitterte die Europäische Fußballunion UEFA, schon bevor der französische Zweitligist Clermont Foot gegen Stade Brest spielte.
Die 1:2-Niederlage übertrug das französische Fernsehen sogar live. Medial und gesellschaftlich relevant war das Spiel, weil Diacre nun die erste Trainerin eines französischen Profifußball-Männerteams ist. „Das Interesse an mir ist viel zu groß. Die Spieler sind doch viel wichtiger“, sagte die Französin selbst. Auch wenn „Le Figaro“ nach ihrer Verpflichtung über eine „Revolution“ im „vom Machismus beherrschten Fußball“ schrieb.
Bis zum 4. August war Sissy Raith die Vorzeigefrau bei den Männer-Teams. Sie trainierte 2009 den Bezirksoberligisten TSV Eching und führte ihn in die Landesliga zurück - so hoch wie keine Frau zuvor. Ihren Jungs sei das Geschlecht aber egal gewesen, „entscheidend war die Qualität des Trainings, genau so sind die mir auch gegenübergetreten“, sagt Raith. Das habe auch an der familiären Struktur im Verein gelegen, „aber ein größerer Verein muss da ja kein Nachteil sein. Sie haben zwar die Leitung und die Verantwortung, aber alles verteilt sich auf viel mehr Schultern.“
Auf der anderen Seite, sagt sie, müssten Frauen immer besser sein als Männer. „Wenn diese Trainerin jetzt überdurchschnittlich gute Leistung bringt, kann ich mir vorstellen, dass das ein Durchbruch wird für Frauen in diesem Bereich. Wenn es nicht klappt, heißt es sicher sehr schnell: 'Ach, das wusste ich ja gleich'.“
Auch in Deutschland gab es zuletzt einige Verpflichtungen von Trainerinnen, die bestaunt wurden, als hätten sie in einem Paddelboot den Atlantik überquert: Die ehemalige Hockey-Nationalspielerin Tina Bachmann trainiert seit Anfang Juli die Bundesliga-Männer von Uhlenhorst Mülheim - als zweite Frau nach Uschi Schmitz, die 1998 für eine Saison Rot-Weiss Köln coachte.
Der Volleyball-Erstligist VC Dresden hatte im Juni 2013 die ehemalige Nationalspielerin Sylvia Roll verpflichtet. Andrea Richter trainierte für eine Saison den Zweitligisten TSV GA Stuttgart und schaffte den Ligaverbleib. „Es gibt schon Unterschiede zwischen Spielerinnen und Spielern“, sagt Richter. „Das ist ja auch bei Junioren und Senioren so. Darauf stellt man sich ein, man hat ja ein gemeinsames Ziel.“
Sowohl Roll aus auch Richter sind allerdings nicht mehr im Amt. Richter aus Zeitgründen. Die 34-Jährige ist Sportlehrerin an einer Ganztagsschule, „ich werde in der nächsten Saison aber aushelfen, wenn bei einem Auswärtsspiel Trainermangel herrscht“, sagt sie. Über Rolls Abschied hieß es in einer Meldung des VC Dresden, es habe Kommunikationsprobleme gegeben. Dinge, die nun einmal passieren im Sport, sagt Michael Evers, Vorsitzender der Deutschen Volleyball-Liga (DVL). „Bei Trainerinnen schaut man ganz anders hin. Es gibt nicht viele im Männerbereich, wenn da einmal eine entlassen wird, fällt das natürlich auf.“ Am Ende, sagt er, zähle immer die Qualität.
Dass es bei Clermont allein darum ging, darf bezweifelt werden. Diacre hat das Traineramt im Juni von der Portugiesin Helena Costa übernommen. Schon von dieser Personalie profitierte der Club medial. Costa hatte den Job aber nach anderthalb Monaten überraschend gekündigt. Sie führte zuerst persönliche Gründe an, kritisierte später aber das „typisch männliche Verhalten“ von Clubpräsident Claude Michy. Er habe ohne Absprache mit ihr Spieler verpflichtet.