Messi in anderer Sphäre - Lebende Legende mit Makel

Zürich (dpa) - Mit dem Ballon d'Or in seinen Armen stand Lionel Messi in der Interview-Zone des Kongresshauses in Zürich und sah aus wie ein Erstklässler, der am ersten Schultag seine Zuckertüte umklammert.

Foto: dpa

Auch nach seinem fünften Titel als Weltfußballer des Jahres wirkte der argentinische Superstar immer noch nicht wie der Imperator der Fußballwelt. Der ist er aber. Und seine Lust am Spiel verheißt nichts Gutes für seine Konkurrenten. Wichtiger als glänzende Trophäen im Arm bleibt dem Heroen des FC Barcelona der Ball am Fuß. „Ich weiß nicht, wie viele Ballon d'Or ich noch gewinnen werde, ich habe doch gerade erst diesen gewonnen“, sagte Messi.

Cristiano Ronaldo hatte den Ort seiner Niederlage da schon wortlos verlassen. Viel ist wieder gesprochen und geschrieben worden, vor und nach der FIFA-Glamourgala in Zürich, über die Rivalität zwischen Messi und dem diesmal wieder geschlagenen Portugiesen. Spätestens nach dem fünften Weltfußballertitel ist der nicht minder sensible, aber als enorm eitel verschriene Ronaldo mit seinen drei Ballon d'Or (2008, 2013, 2014) derzeit keine Referenzgröße mehr für Messi. Und der erstmals auf Platz drei gelandete Club-Kollege Neymar kann es mit 23 Jahren noch nicht sein.

Alfredo di Stefano, Pelé, Franz Beckenbauer, Johan Cruyff, das sind die Größen seines Sports, zu denen sich der erst 28 Jahre alte Messi unwiederbringlich gesellt. „Fünf Ballon d'Or machen ihn zu einer lebenden Legende, nicht nur im Fußball, sondern im gesamten Sport“, schrieb die argentinische Zeitung „La Nacion“ - und legte doch den Finger in die Wunde: „Es fehlt nur der WM-Titel.“ Alles hat er mit dem FC Barcelona gewonnen - aber nichts mit Argentinien.

Messis Makel bleibt sein konstantes Scheitern mit der Albiceleste, das räumte der Genius auch in Zürich selber ein. Alle fünf Weltfußballertitel würde er hergeben, für den WM-Pokal, der ihm 2006, 2010 und 2014 immer durch Niederlagen gegen Fußball-Deutschland verwehrt wurde. Dieses Manko trennt ihn auch von Diego Maradona, den ewig verehrten Fußball-Heroen in seiner Heimat.

An der internationalen Heldenbewunderung ändert das nichts. In Spanien zierte sein Gesicht am Dienstag praktisch alle Titelseiten. „MESSI IS AD'ORED“, wagte die englische Boulevard-Zeitung „The Sun“ ein Wortspiel zwischen Bewunderung (adored) und der Goldtrophäe Ballon d'Or. Der Belobigte selbst konnte und wollte den erneuten Triumph nach seiner Siegesserie von 2009 bis 2012 bei der wichtigsten persönlichen Fußball-Auszeichnung gar nicht einordnen. „So richtig kann ich es erst beurteilen, wenn ich nicht mehr spielen werde.“

Bis zum Karriereende will er für den FC Barcelona spielen, seinem Fixpunkt als sportlicher Heimat. Das versicherte Messi deutlich. 26 Titel hat er mit Barca geholt - eine Ära für den Club geprägt, auch das unterscheidet ihn von Ronaldo, der zwar für Real Madrid wichtig, aber nicht sakrosankt ist.

Seit 2007 landete Messi immer auf Platz eins oder zwei der FIFA-Wahl. Eine solche Dominanz gab es noch nie im Weltfußball, wobei der Vergleich hinkt, denn ehemalige südamerikanische Größen wie Pelé blieben vom lange europäischen Spielern vorbehaltenen Ballon d'Or ausgeschlossen.

Unsinniger Klamauk, lautet das harsche Urteil von Gala-Kritikern wie Arsenal-Trainer Arsene Wenger an der FIFA-Abstimmung. Tatsächlich offenbart ein Blick auf die Liste der Abstimmungsergebnisse Erstaunliches. Da wurde unter den stimmberechtigten je 209 Kapitänen und Trainern der Nationalmannschaften offensichtlich taktiert und votiert, wie es dem eigenen Interesse oder dem von Club-Kollegen oder Landsmännern günstig erschien.

In dieser Hinsicht kaum verwunderlich: Messi (Suárez, Neymar, Iniesta) und Ronaldo (Benzema, Rodriguez, Bale) wählten sich gegenseitig nicht einmal in die Top 3 der Fußball-Welt, sondern gaben ihre Stimmen Zählkandidaten aus ihren Vereinen.

Auch Bundestrainer Joachim Löw (Manuel Neuer, Thomas Müller, Toni Kroos) und DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger (Neuer, Müller, Neymar) votierten quasi komplett in eigenem, deutschen Interesse. Der frühere Münchner Claudio Pizarro wählte exakt wie Löw. Der selbst auf Platz vier eingelaufene Bayern-Stürmer Robert Lewandowski stimmte für seine Kollegen Neuer, Arturo Vidal und Müller. Für Spitzenplätze reichte es im Jahr nach dem WM-Triumph aber nicht. Müller und Neuer kamen auf die Plätze sechs und sieben und waren damit weit von Messi entfernt.