Nach Italien-Odyssee: Merkel hofft auf Wende in Watford
London (dpa) - Nur der Regen macht Alexander Merkel noch zu schaffen. „Seit ich Ende Dezember in London angekommen bin, hat es jeden Tag mindestens einmal geschüttet. Sonst bin ich aber sehr zufrieden“, sagt der 21 Jahre alte Fußballprofi und lacht.
Nach einer Odyssee durch Italien soll der Wechsel zum FC Watford die Wende in der Karriere des Jungstars werden. Mit 16 Jahren wechselte Merkel 2008 vom VfB Stuttgart in die Jugend des AC Mailand. 2010 feierte er für den Club seine Premiere in der Champions League. 2011 debütierte er in der Seria A. Am Ende der Saison wurde er mit Mailand Meister. Danach ging es bergab.
Merkel wurde zwischen Mailand und dem CFC Genua hin und her transferiert. Zwischenzeitlich gehörte er je zur Hälfte beiden Vereinen. Im Januar 2013 unterschrieb er dann einen Fünfjahresvertrag bei Udinese Calcio. Doch auch dort kam er nicht zum Zug. In der Hinrunde der aktuellen Saison spielte er in 17 Partien keine einzige Minute. Zur Rückrunde wurde der Deutsch-Kasache nun an den englischen Zweitligisten ausgeliehen.
„Eigentlich will ich nicht zurückschauen. Ich bin froh, dass ich jetzt in England bin und endlich wieder auf dem Platz stehe. Nach einem Spiel müde zu sein, ist das schönste Gefühl für mich“, sagt Merkel. Warum es in Italien nicht funktioniert hat, weiß er nicht. „Irgendetwas muss ich falsch gemacht haben. Ich habe schon im Trainingslager bemerkt, dass es kritisch wird. Ich habe aber versucht, mich ständig aufzudrängen, doch der Trainer hat mich nicht wahrgenommen. Am Ende wollte ich nicht mehr länger auf der Bank sitzen“, erklärt der Mittelfeldspieler.
Trotz Angeboten aus der Bundesliga schloss sich Merkel Watford an - teils aus freien Stücken, teils auf Drängen des Unternehmers Giampaolo Pozzo, wie Merkel sagt. Der Italiener ist Besitzer von Udinese und Watford. „Ich bin aber glücklich, dass es so gekommen ist. Der Fußball in England ist klasse, die Fans sind großartig. Wir haben eine geile Truppe und London ist eine tolle Stadt“, sagt Merkel. Er lebt allein im Stadtteil Hampstead. Dort, wo viele Stars aus der Premier League ihr Zuhause haben.
Dass der Neuanfang auf der Insel für ihn und seine Karriere die letzte Chance ist, davon will Merkel nichts wissen. „Ich bin 21 und nicht 31“, sagt er. Und: „Ich bin ein positiver Mensch.“ Den ersten Rückschlag in England hat er schon verdaut. In seinem ersten Spiel gegen Reading wurde er nach einer Grätsche in der 94. Minute vom Platz gestellt und für drei Spiele gesperrt. „Ich dachte, ich muss mein Spiel umstellen, weil in England härter gespielt wird, aber das war etwas zu hart.“
Beim jüngsten 2:0 gegen Brighton stand Merkel wieder in der ersten Elf und bereitete das 1:0 vor. „Ich bin froh, der Mannschaft zu helfen, aber ich bin noch lange nicht bei 100 Prozent“, sagt er. In den kommenden 20 Partien will er mit Watford trotz derzeit 13 Punkten Rückstand die Playoff-Plätze erreichen. Auf seiner Odyssee durch Italien hat er aber gelernt, nicht allzu weit in die Zukunft zu schauen. „Im Fußball kann alles so schnell gehen. Mal ist man der Buhmann, mal der Held“. Für ihn ist es an der Zeit, wieder mal der Held zu sein - spätestens dann ist ihm sicher auch der Regen egal.