Nach Ronaldo-Verspottung: Portugal läuft Sturm
Lissabon (dpa) - Der „Friseur-Ulk“, den FIFA-Boss Joseph Blatter mit dem portugiesischen Fußball-Megastar Cristiano Ronaldo getrieben hat, ist zum Politikum geworden.
Die Regierung in Lissabon wies die von vielen Seiten als abfällig gewerteten Äußerungen Blatters über Ronaldo am Mittwoch „total zurück“ und sprach von einer „traurigen Vorstellung“ und „einer Pantomime“ des Schweizers. Ganz Portugal läuft Sturm. Die Sportzeitung „A Bola“ rüffelte Blatter groß auf Seite eins: „Warum hältst du nicht die Klappe?“
Nachdem er sich über die Spielweise und die Friseurbesuche Ronaldos lustig gemacht hat, darf der Weltverbandsboss wohl für längere Zeit keinen Portugal-Urlaub einplanen - auch wenn er sich inzwischen entschuldigt hat. „Wenn dieser Mensch hierherkommt, werden wir ihm schon auf dem Flughafen einen freundlichen Empfang bereiten“, brummt der 45-jährige Maurer Nuno in einem Lissabonner Café in die Runde. Minister Luis Marques Guedes warf Blatter vor, es handele sich um keine Sache, die man schnell sagen und dann einfach bereuen könne.
Mit seiner erstmals enthüllten Vorliebe für den Rivalen Lionel Messi hatte Blatter zuvor bereits bei Ronaldo-Club Real Madrid und beim portugiesischen Nationalverband FPF Empörung ausgelöst. Real forderte vom FIFA-Boss in einem Brief eine Entschuldigung und einen Widerruf. Trainer Carlo Ancelotti sprach von einer Respektlosigkeit. In einer Mitteilung des FPF hieß es, Blatter habe es nicht nur gegenüber Ronaldo, sondern gegenüber ganz Portugal an Achtung fehlen lassen.
Der 28-jährige Stürmer reagierte unterdessen mit Ironie. Er wünsche Blatter „Gesundheit und ein langes Leben“, meinte Ronaldo auf Twitter. Er postete auch ein Video mit den umstrittenen Aussagen Blatters und meinte: „Dieses Video zeigt den Respekt und die Achtung, die die FIFA mir, meinem Club und meinem Land entgegenbringt. Nun wird einiges klarer.“ Er sei davon überzeugt, so Ronaldo, dass Blatter weiterhin die Erfolge seiner Lieblingsmannschaften und -Spieler werde genießen können.
Empörung lösten aber nicht nur die Worte Blatters aus. Mit theatralischer Gestik hatte der Schweizer vor Studenten der Oxford Union Society bei einem Vergleich der beiden Megastars des Weltfußballs in einer deutlichen Anspielung auf Ronaldo lächelnd gesagt, einer der beiden gebe viel mehr beim Friseur aus. Auf dem Feld trete der Portugiese „wie ein Kommandant“ auf, fügte Blatter an, und stolzierte zur Untermalung seiner Worte über die Bühne.
Messi lobte Blatter dagegen als „guten Jungen“, den jeder Vater und jede Mutter gern bei sich zu Hause hätten. Der 26-jährige vierfache Weltfußballer aus Argentinien spiele sehr gut, „so als würde er tanzen“, sei schnell, schieße Tore und sei zudem bescheiden. Daher bekomme er bei der Weltfußballer-Wahl stets sehr viele Stimmen. „Ich mag beide, ziehe aber Messi vor“, lautete Blatters Fazit.
Der nicht erst seit der Vergabe der WM 2022 an Katar umstrittene Chef des Weltfußballs hatte schon am Dienstagabend einen Rückzieher gemacht. Auf Twitter ließ er den „lieben Ronaldo“ wissen, dass er sich entschuldige, auf der privaten Veranstaltung habe er ihn keinesfalls beleidigen wollen. Die Wogen konnte er damit nicht glätten.
Die portugiesische Zeitung „Record“ schrieb, man werde es verstehen können, wenn sich Ronaldo in Zukunft bei FIFA-Galas nicht blicken lasse. Die spanische Sportzeitung „Marca“ sprach von einem „Weltskandal“ und der frühere portugiesische Weltklassestürmer Paulo Futre meinte, es sei sehr einfach: Blatter hasse Ronaldo.