Polen verdirbt Zwerg Gibraltar die Premiere
Faro (dpa) - Mit dem historischen Spiel gegen Gibraltar vor fast leerem Stadion wollte sich Polens Torjäger Robert Lewandowski nicht allzu lange beschäftigen: „Das nächste Spiel wird ein bisschen schwerer.“
„Gegen Deutschland werden wir uns steigern müssen“, sagte der Bundesliga-Torschützenkönig mit Blick auf das Duell gegen den Weltmeister am 11. Oktober in Warschau. Beim Kontrastprogramm in Faro, als der Gegner Gibraltar hieß und sein erstes Pflichtspiel seit der UEFA-Aufnahme bestritt, hatte Lewandowski beim 7:0 (1:0) der Polen die Rolle des Spielverderbers übernommen.
Gleich vier Tore erzielte der Neuzugang des FC Bayern zum Auftakt der EM-Qualifikation, was auch eine historische Note hatte. Denn ein Viererpack war Lewandowski in 61 Länderspielen zuvor noch nicht gelungen.
Das Duell mit dem Team des 30 000 Einwohner zählenden Territorium von Großbritannien hatte auch nicht mehr als Testspielcharakter. Gibraltar verfügt mit zwei Ausnahmen nur über Amateurkicker und im rund 30 000 (!) Zuschauer fassenden Algarve-Stadion verloren sich gerade einmal 1602 Fans. Die Mannschaft muss für ihre Heimspiele in den Süden Portugals ausweichen, weil das eigene Victoria-Stadion nicht den UEFA-Standards genügt.
„Gibraltar, das jüngste UEFA-Mitglied, hat eine Mannschaft, die der Mehrheit der Gegner Torschützenrekorde erlaubt“, schrieb die polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ und warnte vor Euphorie nach dem vorläufigen Platz 1 in der Gruppe D: „Freuen wir uns lieber schnell, denn das mag nicht lange andauern.“
Die enttäuschende WM-Qualifikation, als Polen mit dem vierten Platz hinter England, der Ukraine und Montenegro das Ticket für Brasilien deutlich verfehlt hatte, ist im Land des EM-Mitgastgebers von 2012 noch in bester Erinnerung. Nun soll unter Trainer Adam Nawalka, der im Herbst 2013 seinen erfolglosen Vorgänger Waldemar Fornalik ablöste, alles besser werden. Verbandspräsident Zbigniew Boniek sieht in der Mannschaft um Lewandowski und Co. „das beste Team seit 1982“ und erwartet die Teilnahme an der Endrunde in Frankreich.
Das sollte durchaus machbar sein. Durch die EM-Aufstockung auf 24 Mannschaften qualifizieren sich die zwei Gruppenbesten direkt und der Drittplatzierte kommt noch in die Playoffs. „Deutschland ist der große Favorit in dieser Gruppe. Wir müssen realistisch unsere Möglichkeiten sehen. Ich kann Engagement und Kampf versprechen, aber was dabei herauskommt, sehen wir am Ende der Qualifikation“, betonte Lewandowski. Auch Trainer Nawalka bewertete den Erfolg verhalten: „Es herrscht keine Euphorie. Unser Spiel entwickelte sich in der ersten Hälfte nicht optimal.“
So hatte sich Gibraltar mit nur einem Gegentor in der ersten Halbzeit achtbar geschlagen. Insbesondere Torhüter Jordan Perez, beruflich Feuerwehrmann, wuchs über sich hinaus. „Die Fitness ist ein wichtiger Aspekt. Nach 45 Minuten waren wir mit unseren Kräften am Ende, sonst hätten wir den Polen mehr Gegenwehr leisten können. Wir haben aber aus dem Spiel viel gelernt“, sagte Gibraltars Trainer Allen Bula. Vielleicht setzt der Lerneffekt ja bis zum nächsten Pflichtspiel am 11. Oktober in Irland ein.