Portugals Fußball rebelliert gegen Legionäre

Lissabon (dpa) - Im krisengeschüttelten Euro-Land Portugal werden die Arbeitslosenschlangen immer länger - auch im Profi-Fußball. Die Schuldigen wurden schnell gefunden: Spieler, Funktionäre und Medien poltern gegen die steigende Zahl ausländischer Profis in der portugiesischen Eliteliga.

„Unser Fußball und unsere Vereine verkommen! Da muss mit eiserner Hand durchgegriffen werden“, forderte Joaquim Evangelista, Präsident der Profispieler-Gewerkschaft SPJ. Das Thema wurde sogar zum Politikum. „Irgendetwas ist nicht richtig im portugiesischen Fußball, wenn über die Hälfte aller Spieler aus dem Ausland kommt“, klagte jüngst kein Geringerer als Präsident Anibal Cavaco Silva. Der Vizepräsident des nationalen Verbandes FPF, Amândio de Carvalho, sah es ähnlich: „Wir setzen nicht auf unsere jungen Spieler, und das besorgt uns sehr.“

Die Zahlen sprechen für sich: Der Anteil der Ausländer in den Clubs der 1. Liga kletterte diese Saison von 55 auf 58 Prozent. Damit liegt Portugal in Europa nur hinter England (63,5 Prozent). 254 der 438 angemeldeten Erstligaprofis sind Nicht-Portugiesen. Auch im Jugendbereich sind die Ausländer inzwischen in der Überzahl.

Wenn man sich die Kader der Spitzenclubs anschaut, ist die Lage sogar regelrecht bizarr: Bei Meister und Europa-League-Sieger FC Porto wurden nur zwei der 26 Profis in Portugal geboren. Beim Traditionsclub Benfica sind unter den 29 Profis immerhin acht Portugiesen. Die meisten von ihnen werden aber kaum eingesetzt.

Gewerkschaftsboss Evangelista organisierte kurz vor Saisonstart eine Protestaktion, bei der Dutzende arbeitslose Profis in Fußballstiefeln und kurzen Hosen zum Rathaus in Lissabon marschierten und Flugzettel verteilten. Die Gewerkschaft meint, dass die Ausländer nicht nur den einheimischen Talenten den Weg verbauen, sondern dass die Millionentransfers die Clubs im ärmsten Land Westeuropas in den Ruin treiben. „In den letzten zehn Jahren haben sich die Clubs bei uns mit 500 Millionen Euro verschuldet“, versichert Evangelista.

Dass Porto vor allem dank der Tore des inzwischen zu Atlético Madrid abgewanderten Kolumbianers Radamel Falcao die Europa League gewann, interessiert die Kritiker kaum. Sie weisen lieber darauf hin, dass in den vergangenen 25 Jahren nur dreimal ein Portugiese Torschützenkönig der Liga wurde. Zuletzt gewann der Brasilianer Hulk.

Die Nachrichtenagentur Lusa forderte diese Woche, dass sich die portugiesischen Vereine ein Beispiel an Fayal Sport Club nehmen. Der Azoren-Verein hat nur Spieler, die im Atlantik-Archipel 1400 westlich der europäischen Westküste geboren wurden - das reicht allerdings nur für die dritte Liga. Benficas Jungprofi Nélson Oliveira, mit der U-20 Portugals Vizeweltmeister, wünscht sich ein zeitnahes Umdenken der Vereine: „Ich hoffe, dass man die einheimischen Spieler bald mehr schätzt.“