Premier League statt Paderborn: Proschwitz' Debüt
London (dpa) - Nick Proschwitz ist kein Nationalspieler. Er wechselte nicht aus München, Schalke oder Leverkusen nach England. Der 26 Jahre alte Profifußballer kam durch die Hintertür in die Premier League.
Vaduz, Thun und Paderborn waren seine Stationen. Aus Ostwestfalen wagte er dann als Torschützenkönig der 2. Bundesliga zur vergangenen Saison den Sprung auf die Insel - und mit Hull City gelang sofort der Aufstieg. „Die Euphorie ist riesig. Wir sind alle sehr stolz und glücklich, dass wir jetzt in der Premier League spielen können. Ich bin sicher, jedes Match wird ein großartiges Erlebnis“, sagt Proschwitz der Nachrichtenagentur dpa.
In seinem ersten Jahr erzielte er in 30 Spielen für die Hull City Tigers fünf Treffer. Meist kam er von der Bank. Am Sonntag gibt er sein Debüt in der höchsten englischen Liga - ausgerechnet an der Stamford Bridge beim großen FC Chelsea. „Das ist eine reizvolle Aufgabe. Wir haben nichts zu verlieren. Wenn wir Glück haben, greifen bei Chelsea im ersten Spiel unter José Mourinho nicht alle Automatismen“, hofft der gebürtige Weißenfelser vor dem Duell mit Landsmann André Schürrle.
Und sonst? Proschwitz lebt seinen Traum. „Ich gehe davon aus, dass wir in der Saison eine ordentliche Rolle spielen. Ziel ist der Klassenerhalt. Wir sind eine von sechs bis sieben Mannschaften, die gegen den Abstieg spielen“, vermutet Proschwitz, der weiß, dass auch er vor einer harten Runde steht: „Der Konkurrenzkampf ist größer geworden. Wir haben neue Spieler verpflichtet und kämpfen mit sechs Stürmern um einen oder zwei Plätze. Aber ich bin nicht ängstlich und glaube an mich.“ Seine größten Konkurrenten dürften die Neuzugänge Daniel Graham (Sunderland) und Yannick Sagbo (Evian) sein.
Bereits von 2008 bis 2010 spielte Hull in der Premier League. Die Fans freuen sich auf die Rückkehr. Im Shop der Tigers am Stadion herrscht wenige Tage vor Saisonbeginn großer Betrieb. „Unsere Trikots sind begehrt. Die meisten Größen ausverkauft. Auch das von Nick geht gut. Besonders bei den Kids“, erzählt eine Angestellte, während sie eine Rückennummer auf ein Jersey mit den schwarzen und bernsteinfarbenen Längsstreifen flockt.
„Der Club ist hier das Aushängeschild“, erklärt Proschwitz. Hull habe sonst nicht sehr viel zu bieten, dennoch fühle er sich pudelwohl. Die 250 000-Einwohner-Stadt in der Nähe der Nordsee liegt 250 Kilometer von London entfernt. Gefühlt sind es mehr.
Auf dem 15-minütigen Marsch vom Bahnhof zum KC Stadion können sich die Fans jedenfalls auf das Wesentliche konzentrieren. „Wenn wir spielen, herrscht Ausnahmezustand. In den Kneipen sieht man viele Leute im Trikot, wie sie sich auf das Spiel einstimmen“, erzählt Proschwitz und grinst. Zum besseren Verständnis formt er seine Hand, als würde er ein Glas umfassen und macht leichte Kippbewegungen. Am Sonntag geht es wieder los.