Striptease-Verbot für Balotelli
Rio de Janeiro (dpa) - Mario Balotelli darf alles. Frechdachs sein und böser Bube, sogar pöbeln ist für den streitbaren Stürmer hin und wieder erlaubt. Nur eines will Trainer Cesare Prandelli nie mehr sehen: den nackten Oberkörper.
„Wir haben ihm gesagt: 'Alle haben deine Muskeln jetzt gesehen, du musst dein Trikot nicht mehr ausziehen“, sagte Italiens Nationalcoach nach dem Auftaktsieg beim Confederations Cup gegen Mexiko im Maracana von Rio de Janeiro. Mehr Grund zu Spott und Tadel fand Prandelli nach Balotellis Siegtor zum 2:1 (1:1) beim besten Willen nicht. „Er war konzentriert und motiviert. Er macht seine Tore durch Stärke und Temperament.“
Wie schon nach seinem für Deutschland so schmerzhaften Doppelpack im EM-Halbfinale 2012 hatte sich der 22-Jährige auch nach seinem Tor gegen Mexiko das Shirt vom Leib gerissen und der johlenden Menge in Brasiliens renoviertem Fußball-Tempel einen freien Blick auf seinen Super-Body offenbart.
„Supermario erobert Maracanà“, titelte die Zeitung „Corriere dello Sport“ am Montag begeistert. Die „Gazzetta dello Sport“ stellte dagegen nüchtern fest: „Mario macht das entscheidende Tor, verärgert aber den Trainer wegen seiner Gelben Karte.“ Prandellis Sorge: Strippt Balotelli nach dem nächsten Tor erneut, ist er durch die folgende zweite Gelbe Karte beim WM-Testlauf am Zuckerhut für ein Spiel gesperrt. „Sorry, ich wusste nicht, dass es hier diese Regel gibt“, sagte Balotelli kleinlaut.
Hätte Balotelli nicht spät zum Sieg getroffen, hätte sich Andrea Pirlo, der zweite Spieler, der derzeit den Unterschied macht, fühlen müssen, als habe man ihm bei der Geburtstagsparty die Torte geklaut. Sein Zaubertor zum 1:0 per Freistoß war das erste Pflichtspieltor im neuen Maracana - und das in seinem 100. Länderspiel. „Das ist ein großartiges Gefühl. Gerade im Maracana so ein Tor zu schießen. Ich habe davon nur träumen können“, sagte Pirlo. Sein Trainer Prandelli wirkte gerührt: „Andrea Pirlo ist Fußball für uns. Er ist ein bescheidener Mensch. Herzlichen Glückwunsch, Andrea.“
Bescheidenheit ist dagegen nicht der Wesenszug, der einem für Balotelli einfällt. Ein Neun-Tage-Rückblick gibt einen Abriss seiner turbulenten Karriere: Im WM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien (0:0) unbeherrscht nach zwei Verwarnungen vom Platz gestellt. Beim Abgang vom Platz herumgepöbelt und dann auch noch per Twitter die eigenen Fans beschimpft. Auf dem Corcovado an Rios Christus-Statue mit dunkler Sonnenbrille wie ein Tourist posiert. Zwei Tage vor dem Spiel im Training den Oberschenkel verletzt. Rechtzeitig fit geworden. Bei der Begrüßung im Maracana ausgepfiffen, dann getroffen und vom ganzen Stadion gefeiert. Mehr Fußball-Achterbahn geht nicht.
Fest steht: Funktioniert das Duo Pirlo-Balotelli, muss Italien nicht wie 2009 ein bitteres Vorrunden-Aus bei der WM-Generalprobe befürchten. „Pirlo & Balo - die Zauberer Italiens“, schwärmte die Turiner Zeitung „Tuttosport“. Schon gegen Japan am Mittwoch (24.00 Uhr/MESZ) kann der Einzug ins Halbfinale gelingen. „Es ist hier noch nicht vorbei, ich habe noch Ziele“, sagte Pirlo. Dass der Trainer des Asienmeisters Alberto Zaccheroni heißt, macht die Partie in Recife zusätzlich pikant. „Er kennt uns genau, er weiß, wie wir arbeiten. Er wird interessante taktische Dinge und Lösungen finden“, sagte Prandelli über seinen Landsmann und schmunzelte dabei. Das sollte wohl bedeuten: Keine Sorge, wir haben den Pirlo und Balotelli.